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Wissenschaftliche Einrichtung der Versuchsschule Oberstufen-Kolleg an der Universität Bielefeld

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© Ellen Thormann
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Logo der Wissenschaftliches Einrichtung Oberstufen-Kolleg Bielefeld

Projektleitung

Foto von Maria Mateo i Ferrer

Dr. Maria Mateo i Ferrer

E-Mail der Projektleitung

Laufzeit:

2021 – 2025

Philosophieunterricht als Raum für Empowerment in der Migrationsgesellschaft (PhiREM)

Dieses Forschungs- und Entwicklungsprojekt ist Teil des Forschungsprojekts „Wortgewand(t). Sich Sprache aneignen, schreibend lernen, Diskurse mitgestalten“. Diese drei Aspekte von Sprache werden im FEP Wortgewand(t) in ihrer gegenseitigen Abhängigkeit und Wechselwirkung betrachtet. Gleichzeitig entspricht jeder dieser Aspekte der Sprache einer Aufgabe unserer Arbeit als Pädagog:innen. Von diesen drei Aspekten konzentriert sich das Forschungsprojekt PhiREM vor allem auf den dritten: Sprache als Instrument der Selbstermächtigung. Das Hauptziel von PhiREM ist es, den Philosophieunterricht zu einem Raum der Selbstermächtigung zu machen, indem sich die Kollegiat:innen durch die Lektüre von Fachtexten der Zugehörigkeitsordnungen und Normalitätskategorien bewusst werden, die sie normalerweise für selbstverständlich halten und die ihre soziale Position bestimmen und festschreiben. Das Sichtbarmachen des Selbstverständlichen eröffnet die Möglichkeit einer kritischen Reflexion und damit die Chance, Transformationsprozesse in Gang zu setzen.

Um dieses Ziel zu erreichen, wird zunächst das Imaginäre der Zukunft der Jugendlichen untersucht. Die Art und Weise, wie sie sich ihre Zukunft vorstellen, zeigt nicht nur die Haltung, mit der junge Menschen in der Gegenwart leben, sondern auch die Normalitätsordnungen, in denen sie sich bewegen und die sie nicht in Frage stellen. Durch die Untersuchung dieser Elemente aus einer Zukunftsperspektive lassen sich Veränderungsmöglichkeiten aufzeigen und junge Menschen dabei unterstützen, ihren Zukunftshorizont zu erweitern und sich für die Verwirklichung ihrer Träume einzusetzen.

Um die Zukunft junger Menschen zu untersuchen, wurden kurze Texte gesammelt, die Kollegiat:innen zwischen 2017 und 2022 verfasst haben und in denen sie ihre Vorstellungen von der Zukunft beschreiben. Diese Texte wurden nach der Methode der hermeneutischen Interpretation analysiert. Die erste Interpretationsebene wurde partizipativ mit den Kollegiat:innen durchgeführt, die die Texte verfasst haben. Dies ermöglichte ihnen, sich bewusst zu werden, was ihre imaginierte Zukunft beeinflusst oder bestimmt, wie z.B. ihre soziale Position, aber auch, wie dies die Art und Weise bestimmt, wie sie ihre Zukunft in der Gegenwart erleben. Die zweite Interpretationsebene wurde von der Forscherin allein durchgeführt. Sie berücksichtigte dafür nicht nur die von den Jugendlichen verfassten Texte, sondern auch ihre Feldnotizen aus der Phase der partizipativen Forschung.

Auf der Grundlage des so generierten Wissens über die imaginierte Zukunft werden ein pädagogischer Ansatz und Unterrichtsmaterialien für den Philosophieunterricht mit dem Ziel der Ermächtigung entwickelt. Zum einen werden Unterrichtsreihen für das Fach Philosophie entwickelt, die die Selbstverständlichkeit des eurozentrischen Weltbildes in Frage stellen, die Errungenschaften der Aufklärung unter Berücksichtigung von Kolonialismus und Rassismus betrachten und Raum für die Perspektive des globalen Südens lassen. Dieses Wissen bildet die Grundlage für eine kritische Reflexion der Zugehörigkeitsordnungen und Normalitätskategorien, die das Verständnis unserer Gesellschaft bestimmen. Darüber hinaus wird im Rahmen einer Projektarbeit ein Raum für die Ermächtigung von Kollegiat:innen geschaffen, die als „die Anderen“ markiert werden und Ausgrenzungserfahrungen machen. In diesem Projekt werden die Zugehörigkeitsordnungen, die sie als Nicht-Zugehörige am Rande ihres sozialen Kontextes positionieren, mit der Methode der partizipativen Aktionsforschung untersucht. Ziel ist es insbesondere, Handlungsansätze für Transformationsprozesse zu finden.

Die Entwicklung dieser beiden Kursformen impliziert eine Auseinandersetzung mit der Rolle der Schule als produktiver Raum der Herstellung, Wiederholung oder Veränderung von Diskriminierungsverhältnissen und Differenzordnungen. Auch das Spannungsverhältnis zwischen Individualisierung und sozialer Kohäsion ist ein zentraler Aspekt dieser Arbeit.

Die Untersuchung der imaginären Zukunft hat zunächst gezeigt, dass die Zukunft eine sehr fruchtbare Perspektive für die pädagogische Arbeit eröffnet. Denn sie ist nicht auf die Vergangenheit ausgerichtet, die unveränderlich ist, sondern auf die Möglichkeiten, die vor den Jugendlichen liegen und aus denen sie wählen können. Indem sich die Jugendlichen zukunftsorientiert und nicht vergangenheitsorientiert definieren, ist der erste Schritt zur Selbstermächtigung getan. Andererseits zeigt die hermeneutische Interpretation der von den Kollegiat:innen verfassten Texte einen direkten Zusammenhang zwischen ihrer sozialen Position und ihrer natio-ethno-kulturellen Zugehörigkeit (Mecheril, 2003), den Kategorien, in denen sie gelesen werden, und ihrer Haltung gegenüber der Zukunft.

Für den Philosophieunterricht mit den hier beschriebenen Zielen wurden Materialien entwickelt, die derzeit in einem regulären fächerübergreifenden Kurs für die zwölfte Jahrgangsstufe mit dem Titel „Weltbilder, Menschenbilder“ eingesetzt werden. Für ein Projekt in der Oberstufe mit dem Titel „Zukunftsvorstellungen“ wurden ebenfalls Materialien entwickelt, die auch die Arbeit mit verschiedenen philosophischen Texten beinhalten.

Ein Buch, das den Forschungsprozess und die Ergebnisse dieses Forschungs- und Entwicklungsprojekt beschreibt, wird veröffentlicht. In der Zwischenzeit wurden Zwischenergebnisse in verschiedenen Publikationen veröffentlicht.

Das gesamte Projekt ist darauf ausgerichtet, auf der Grundlage der Forschungsergebnisse Unterrichtsmaterialien zu entwickeln, mit denen Lehrkräfte anderer Schulen arbeiten. Auf diese Weise kann das Projekt dazu beitragen, die Schulen für die Pluralität der Migrationsgesellschaft zu öffnen.

Gleichzeitig arbeitet das Forschungsprojekt mit der Arbeitsgruppe Philosophiedidaktik der Fakultät für Philosophie zusammen, mit der eine Tagung für Philosophielehrer unter dem Titel "Das Fremde" organisiert wird. Es besteht auch eine Kooperation mit der Fakultät für Erziehungswissenschaften, insbesondere mit dem Seminar "Das Politische und das Pädagogische" von Ulrike Graf.

Guschker, Birgit/Hartner, Christina/Mateo i Ferrer, Maria/Wernicke, Anne (im Erscheinen): „Sich Sprache aneignen, schreiben(d) lernen, Diskurse mitgestalten: Konzepte für die gymnasiale Oberstufe in der Migrationsgesellschaft – zur Entwicklungsarbeit des Projekts Wortgewand(t) an der Versuchsschule Oberstufen-Kolleg Bielefeld.“ In: Zeitschrift für Interkulturellen Fremdsprachenunterricht (ZIF), eingeplant für den ZIF-Themenschwerpunkt 2025/1 Zwischen Separation und Inklusion – Beschulungsmodelle und Unterrichtskonzepte für neu zugewanderte Schüler*innen

Henrich, Martin/ Guschker, Birgit/Hartner, Christina/Mateo i Ferrer, Maria (im Erscheinen). „Zur Herausforderung der Rollenfindung von Lehrerforscher:innen – Oder: das „Zwischen“ als „dritten Raum“ konzeptionalisieren! Multiparadigmatische Analysen am Beispiel von Praxisforschung zu Deutsch als Zweitsprache (DaZ), der Schreibdidaktik in der Oberstufe und der Ermächtigung von neu Zugewanderten. In: PFLB – PraxisForschungLehrer*innenBildung

Mateo i Ferrer, Maria (im Erscheinen). „Imaginäres“. In: Paul Mecheril (Hsg.) Interpretation als Kritik. Glossar eines Forschungsstils. Weinheim: Beltz Juventa

Mateo i Ferrer, Maria (im Erscheinen). „Zeit“. In: Paul Mecheril (Hsg.) Interpretation als Kritik. Glossar eines Forschungsstils. Weinheim: Beltz Juventa

Mateo i Ferrer, Maria (2022). “ZUsammenKUNFT. Ein Schulprojekt für Emanzipation durch Dialog und kritische Reflexion“. In: Dialogische Erziehung. Zeitschrift für Paulo Freire Pädagogik (1-2/2022, S. 33-45). Oldenburg: Paulo Freire Verlag  

Cantó-Milà, Natàlia; Ali, Mudhaffar; Bosata, Amjad; Berho, Leshker; Malla Ali, Sarmad; Mateo i Ferrer, Maria; Seebach, Swen (2022). “Researching imaginaries of the future as a tool for engendering grounded utopias for individual and social transformation and empowerment in educational environments”. Artnodes, [online], Num. 29, pp. 1-10, https://doi.org/10.7238/artnodes.v0i29.393285 [View: 23-03-2022].

Mateo i Ferrer, Maria; Derya Al; Natàlia Cantó-Milà; Ingrid Rath-Arnold  (2021). „Aiguafreda. Eine interkulturelle Erfahrungsreise von Oberstufenschüler*innen als Türöffner zur Neugestaltung der Gesellschaft“. “. In: Herausforderungen und Perspektiven für die Oberstufe. Jahrbuch WE_OS. Bd. 4 Nr. 1 Bielefeld.

Mateo i Ferrer, Maria (2021). „ZUsammenKUNFT. Ein Verein von Fremden für Fremde“. In: Herausforderungen und Perspektiven für die Oberstufe. Jahrbuch WE_OS. Bd. 4 Nr. 1 Bielefeld.

Geweke, Michaele/Guschker, Birgit/Hartner, Christina/Mateo i Ferrer, Maria (2020): „Zu Hause konnte ich das Abitur nicht weitermachen! Junge Geflüchtete auf dem Weg zum Abitur am Oberstufen-Kolleg Bielefeld.“ In: Gemeinsam lernen: Zeitschrift für Schule, Pädagogik und Gesellschaft. 1/2020. Frankfurt am Main: debus Pädagogik. S. 38-43.

Ali, Mudhaffar/Berho, Leshker/Bosata, Amjad/Malla Ali, Sarmad/Mateo i Ferrer, Maria (2018): „Flucht in eine ungewisse Zukunft? Ein Forschungs- und Entwicklungsprojekt zum Empowerment von Schüler*innen mit Fluchterfahrung.“ In: Heinrich, Martin/Klewin, Gabriele (Hrsg.): Diversität, Leistung und Inklusion: WE_OS-Jahrbuch 2018. Online im Internet: http://www.biejournals.de/index.php/we_os

Guschker, Birgit/Geweke, Michaele/Hartner, Christina/Kirmes, Sonja/Mateo i Ferrer, Maria/Otto, Johanna (2018): „Wege zu Abitur und Fachhochschulreife für neuzugewanderte junge Menschen: Die Forschungs- und Entwicklungs-Arbeit zur Inklusion neuzugewanderter Jugendlicher am Oberstufen-Kolleg Bielefeld.“ In: Heinrich, Martin/Klewin, Gabriele (Hrsg.): Diversität, Leistung und Inklusion: WE_OS-Jahrbuch 2018. Online im Internet: http://www.biejournals.de/index.php/we_os

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