Das MIN(T)klusiv-Netzwerk hat sich zum Ziel gesetzt, bestehende Schülerlabor-Konzepte weiterzudenken und in diesem Sinne Kooperationen von Schulen und außerschulischen Lernorten exklusionsminimierend bzw. inklusiv zu gestalten.
Informelle (und non-formale) Lernorte sind durch die Möglichkeit der Selbststeuerung sowie ihre interessenorientierte und motivierende Gestaltung charakterisiert. Sie fördern vorwiegend persönliches Wissen und eröffnen Lernenden meist in höherem Maße einen emotional-affektiven Zugang (Wilde et al., 2009; Wilde et al., 2019). Im Gegensatz zum formalen Lernort Schule, der oft rigide Strukturen aufweist, könnten informelle Lernorte durch ihre flexible Gestaltung daher das kreative Potenzial von allen Schüler:innen, insbesondere solchen mit besonderen Herausforderungen und Bildungsgeschichten, stärker fördern. Schülerlabore sind eine weit verbreitete und erfolgreiche Form außerschulischer Lernorte.
An der Universität Bielefeld existieren mit den Teutolabs Schülerlabore, die über zwei Jahrzehnte ein vielfältiges Angebot im MINT-Bereich bereitstellen. Die Teutolabs und ihr jahrelang erweitertes Netzwerk von Schulen und weiteren Partner erreichen jährlich etwa 25.000 Schüler:innen. Diese Bedingungen bieten potenziell ideale Voraussetzungen, den Anspruch des MIN(T)klusiv-Netzwerks, allen jungen Menschen eine Bildung für nachhaltige Entwicklung zu ermöglichen, zunächst auf lokaler Ebene zu erfüllen.
Jedoch zeigt sich aus Erfahrungen und ersten Evaluationen, dass Exklusionsmechanismen aus dem schulischen Bereich vermutlich auch im außerschulischen Bereich wirksam werden – und zwar ungeachtet der eigentlich günstigen Rahmenbedingungen in Schülerlaboren. Das Angebot der Teutolabs richtet sich teilweise vor allem an privilegierte Schüler:innen (zum Beispiel das Teutolab Biologie, das durch schulische Empfehlungen besonders begabter Schüler:innen im Projekt Kolumbus-Kids geprägt ist). Zudem werden die Teutolabs nur selten von Klassen sogenannter „Brennpunktschulen“ besucht. Dabei handelt es sich in Nordrhein-Westfalen um Schulen, die eine Sozialindexstufe höher als sieben aufweisen. Die Sozialindexstufe setzt sich zusammen aus statistischen Indikatoren zur Kinder- und Jugendarmut, zur Familiensprache, zu Migrationserfahrungen und zu sonderpädagogischen Förderbedarfen (seit 2022 kamen beispielsweise nur 4 % der Schulklassen, die das Bielefelder Teutolab Physik besucht haben, aus Brennpunktschulen).
Vor diesem Hintergrund lässt sich jedoch feststellen, dass die Freiheit sowie die Vielfalt und Flexibilität Angebote in den Bielefelder Teutolabs optimale Voraussetzungen bieten, um auf die Bedürfnisse aller Schüler:innen einzugehen, insbesondere auch solcher aus Klassen von Brennpunktschulen und mit besonderen Herausforderungen und Bildungsgeschichten.
Das MIN(T)klusiv-Netzwerk möchte gemeinsam mit den Teutolabs bedarfsgerechte und nutzer:innenorientierte außerschulische Angebote zu BNE-Fragestellungen gestalten. Eine lernendenorientierte Herangehensweise könnte hierbei positive Effekte erzielen (vgl. Miller & Brinkmann, 2011). Auf diese Weise sollen die Komplexität globaler Probleme, die besonderen Bedarfe der Schüler:innen als auch deren Kreativität hinreichend in den MINT-Angeboten der Teutolabs berücksichtigt werden
Literatur
Miller, S., & Brinkmann, V. (2011). Von Schülerfragen ausgehen und mit heterogenen Lernvoraussetzungen umgehen in einem Sachunterricht für alle Kinder. In H. Giest, A. Kaiser, & C. Schomaker (Eds.), Sachunterricht - auf dem Weg zur Inklusion (pp. 67-77). Bad Heilbrunn: Klinkhardt Verlag.
Wilde, M., Bätz, K., Kovaleva, A., & Urhahne, D. (2009). Überprüfung einer Kurzskala intrinsischer Motivation (KIM). Zeitschrift für Didaktik der Naturwissenschaften, 15, 31-45.
Wilde, M., Retzlaff-Fürst, C., Scheersoi, A., Basten, M., & Groß, J. (2019). Non-formales Biologielernen mit Schulbezug. In J. Groß, M. Hammann, P. Schmiemann, & J. Zabel (Eds.), Biologiedidaktische Forschung: Erträge für die Praxis (pp. 251-268). Heidelberg: Springer.