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Leitfaden Hausarbeiten

© Universität Bielefeld

Leitfaden Hausarbeiten

Autor*in werden

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Eine wissenschaftliche Arbeit ist ein eigener Beitrag zu einem Fragekomplex, der sich in das einbettet und auf das bezieht, was andere schon zu diesem Thema veröffentlicht haben und der Erkenntnis anbietet, so, wie diese bisher nicht da waren.

Man sieht schon, das ist sehr komplex, herausfordernd, schwierig.

Eine wissenschaftliche Hausarbeit ist im universitären Kontext eine Prüfungsleistung, mit der man seine wissenschaftlichen Kompetenzen unter Beweis stellt. Sie ist kein Lexikonartikel, kein Beitrag zu einem Handbuch, keine Zusammenfassung wissenschaftlicher Positionen und Erkenntnisse zu einem Thema. Sie ist selbst ein wissenschaftlicher Forschungsbeitrag. Wissenschaft will Dinge herausfinden, auf die es bisher keine oder nur unbefriedigende Antwort gab, sie sich bisher niemand angeschaut hat oder die man mit erneutem Nachdenken in ein anderes Licht setzen will. Mit einer Hausarbeit zeigt man, dass man imstande ist, etwas herauszufinden.

Das geschieht in einem Diskurszusammenhang, mit Bezug auf andere wissenschaftliche Positionen. Einerseits muss dabei eine genuin eigene Position deutlich werden (sonst könnte man ja auch das lesen, was andere bereits zu diesem Thema geschrieben haben). Andererseits gewinnen die eigenen Positionen durch den Verweis auf das, was andere bereits an anerkannter Position entfaltet haben, an Gewicht und Geltung. Es entspricht auch wissenschaftlicher Redlichkeit, die eigene Arbeit nicht als weltumstoßende Innovation zu präsentieren, wenn schon andere dazu substanziell geforscht haben. Diese Forschung muss angemessen zur Kenntnis genommen, gewürdigt, kritisiert und zur eigenen Position in Bezug genommen werden.

In jedem Fall ist es wichtig, dass es sich um einen eigenen Beitrag handelt. Die Leser*innen wollen sich über das informieren, was man als Autor*in zu sagen hat. Man darf also weder abschreiben und Fremdes als Eigenes ausgeben, noch das Eigene so klein machen, dass es hinter den vielen Stimmen anderer Autor*innen verschwindet.

Scheinbar gar nicht so einfach mit dem Eigenen und dem Fremden.  Wo bleibt man selbst als Autor*in, wenn man diese Position ständig in das einflechten muss, was andere bereits verbreitet haben?

  • Das erste, was zu tun ist, ist eine substantielle Recherche. Einfaches googeln kann ein Anfang sein, hat aber nicht die Reichweite, die als wissenschaftlich gelten kann. Das könnte jede*r.
  • Beim Recherchieren stellt sich häufig ein Gefühl des Verlorengehens ein. Das ist ganz normal und da heißt es: beharrlich bleiben. Einerseits sollte man Respekt vor den klugen Gedanken anderer haben. Und gleichzeitig nicht das eigene Anliegen aus dem Augen verlieren. Jeder kluge Gedanke versucht, einen zu vereinnahmen, abzulenken und dumm aussehen zu lassen. Nur Mut also und bei allem gebotenen Respekt vor den Gedenken anderer muss man vor allem den eigenen Gedanken etwas zutrauen.
  • Wer eine gute Strukturierung der eigenen Argumentation aufgebaut hat, hat auch keine Probleme, diese Argumentation durch die Argumente anderer zu unterstützen. Im besten Fall leistet die Arbeit einen Beitrag, etwas, was schon einmal gedacht wurde, besser zu denken oder das, was bisher noch nicht gedacht wurde, nun endlich zu denken.
  • Neben dem Respekt vor den Positionen anderer, sollte man auch den Mut fassen, dass, was an anderen nicht überzeugt, zu kritisieren. Es ist schlechter Stil, dabei rüde zu werden, aber deutlich darf es trotzdem sein.
  • Alles, was man von anderen übernimmt, muss man kennzeichnen. Gebräuchlich sind in den Geschichtswissenschaften Fußnoten. In anderen Fächern werden die Referenzen im Text platziert und in Klammern gesetzt. Entscheidend ist erst einmal Einheitlichkeit und Vollständigkeit. Eine unterlassene Markierung einer Referenz ist nicht nur unnötig, sondern auch geistiger Diebstahl und macht die Arbeit zum Plagiat. Das hat ggf. sogar strafrechtliche Konsequenzen.

Das Wichtigste bei alldem ist das Zutrauen in die eigene Arbeit, in die eigenen Gedanken, in die eigene Argumentation. Und die wird durch den Verweis auf andere besser, gewinnt an Stärke.

Aus falsch verstandenem Respekt vor den klugen Gedanken anderer, finden sich in Arbeiten nicht selten Anreihungen von Zitaten und seitenweises Referieren von Texten und Positionen, die für die Arbeit zwar wichtig sind, aber die genuine Position der Autorin / des Autors zum Verschwinden bringen. Aber genau um Sie als Autor*in geht es doch. Alles andere lässt sich auch bei anderen nachlesen.

Texte lesen und verarbeiten

Texte zu lesen und zu verarbeiten ist für das Geschichtsstudium ein zentraler Baustein. Neben der Vorbereitung von Seminaren, gehört es ebenso als Selbstverständlichkeit zur täglichen Arbeit (angehender) Historiker*innen, wenn selbst Texte verfasst werden. Dabei stellt Lesen eine meist zeitkonsumierende Herausforderung dar. Daher ist es wichtig, den eigenen Leseprozess zu reflektieren und sich Lesestrategien anzueignen, um diese Herausforderung nicht als Frustration zu erleben. Im Gegensatz zur Schule ist Lesen im Studium eine selbstverantwortliche Aufgabe,[1] die planvoll gestaltet werden kann und sollte: Wie kann ich Texte gut und sinnvoll lesen sowie das Gelesene verarbeiten und verfügbar halten? 

Lesen im Geschichtsstudium ist mit verschiedenen Zwecken verknüpft.[2] Ein Zweck kann sein, eine Hausarbeit anzufertigen. Hierfür stehen das Einarbeiten in einen Fachdiskurs, das Sammeln von Daten und Informationen, das Entwickeln eines eigenen Urteils innerhalb des Fachdiskurses sowie das Lesen, um zu schreiben, im Mittelpunkt. All diese aufgezählten Aspekte beinhalten verschiedene Leseprozesse, die aufgrund ihrer Unterschiedlichkeit auch verschiedener Lesestrategien bedürfen. Lesestrategien unterscheiden zunächst einmal die Intensität und Zeit, mit der ein Text gelesen wird.

a) Ein schnelles Lesen, das z.B. mit kursorischem Lesen, Speed Reading, selektivem Lesen als Methoden verbunden ist,[3] ermöglicht die Aktivierung von vorhandenem Vorwissen, aber auch das Schaffen eines Überblickes über den betreffenden Text. Hiernach kann schon eine Entscheidung getroffen werden, ob dieser Text für das eigentliche Ziel, das man verfolgt, überhaupt brauchbar ist und genauer gelesen werden sollte. Denn auch dies gehört zum Lesen dazu: Texte bei Seite zu legen, die nicht zum Lesezweck oder konkreter zur Fragstellung passen.

b) Passt ein Text zum Lesezweck, ist es je nach Arbeitsschritt, in dem man sich in einer Hausarbeit befindet, sinnvoll und auch unbedingt notwendig, den Text langsam zu lesen. Meist reicht es jedoch nicht aus, den Text einmal von Einleitung bis Fazit durchzulesen. Das langsame Lesen sollte vor allem planvoll geschehen, um wesentliche Informationen, den Standpunkt der Autor:in und die Argumentationsstruktur des Textes nachvollziehen zu können. Es gehört zum wissenschaftlichen Lesen hinzu, eine „Haltung zum Text“[4] zu entwickeln, sodass Texte nicht nur einmal, sondern mehrfach gelesen werden sollten.

c) Zudem bietet es sich an, verschiedene close-reading Strategien (Exzerpte erstellen, Arbeit mit Markierungen oder Visualisierungen, SQ3R-Methode etc.) anzuwenden, damit das Gelesene auch für den Schreibprozess verfügbar bleibt. Exzerpte relevanter Texte bieten die Möglichkeit, die wichtigsten Punkte in eigenen Worten festzuhalten (bei unverständlichen Textstellen kann auch ChatGPT helfen, in „eigene Worte“ zu formulieren). Sie haben außerdem den Vorteil, dass einzelne Argumente später nicht im Text gesucht werden müssen. Dafür ist es natürlich auch nötig, sich Literaturangaben sowie Seitenzahlen zu notieren. Die Ausgestaltung von Exzerpten ist individuell und sollte vor allem dem Zweck dienen, für die Weiterarbeit der Hausarbeit bestmöglich nutzbar zu sein. Neben Exzerpten bieten sich auch die Arbeit mit Markierungen und Visualisierungen sowie die SQ3R-Methode an, um sicherzustellen, dass das Gelesene optimal im weiteren Arbeitsprozess verwendet werden kann.

d) Gelesenes verfügbar zu halten, hängt ebenfalls eng mit der Frage danach zusammen, wie die verwendete Literatur verwaltet werden soll. Neben digitalen Lösungen zur Literaturverwaltung (bspw. Citavi, Endnote oder Zotero), die viele Vorteile wie das automatische Erstellen eines Literaturverzeichnisses am Ende der Arbeit oder das Verknüpfen mit erstellten Exzerpten bieten können, stellen analoge Zettelkästen eine Möglichkeit dar, Gelesenes zu organisieren. In beiden Fällen bietet es sich an, verschiedene Kategorien, Schlagworte oder Gliederungspunkte den einzelnen Texten zuzuordnen, um die Literatur auf den Schreibprozess hin bereits zu gliedern.

Neben der Kenntnis von Lesemethoden sind auch grundlegende Fragen, die äußere Umstände betreffen, für das Lesen relevant: Wann kann ich am besten lesen? Was für eine Umgebung brauche ich, um störungsfrei lesen zu können? Wie viel kann ich lesen, ohne die Konzentration zu verlieren? Wie kann ich mich am besten zum Lesen motivieren? Wie möchte ich meine Literatur verwalten? Kennt man hier die eigenen Vorlieben, so kann Lesen als Herausforderung besser gemeistert werden.

 

Weiterführende Literatur:

Hirsch, Matthias, Geschichte (er-)lesen. Überlegungen zu domänenspezifischen Lesemodi und -prozessen, in: Zeitschrift für Geschichtsdidaktik 14 (2015), S. 153.

Kruse, Otto, Lesen und Schreiben. Der richtige Umgang mit Texten im Studium (UTB 3355), Wien 2010.

Menne, Mareike, Einfach lesen. Der Umgang mit Texten im Studium, Stuttgart 2021.

von Wiczlinkski, Verena, Lesen im geschichtswissenschaftlichen Studium, Frankfurt/Main 2018.

 

[1] Menne, Mareike, Einfach lesen. Der Umgang mit Texten im Studium, Stuttgart 2021, S. 16.

[2] Kruse, Otto, Lesen und Schreiben. Der richtige Umgang mit Texten im Studium (UTB 3355), Wien 2010, S. 21-23; Menne, S. 23-27.

[3] Vgl. zu einzelnen Lesemethoden Kruse, S. 34–48; Menne, S. 125–150; Verena von Wiczlinkski, Lesen im geschichtswissenschaftlichen Studium, Frankfurt/Main 2018, S. 30–45.

[4] Menne, S. 12; von Wiczlinski, S. 23.

Literatur finden, belegen und zitieren

Geschichtsdidaktische Literatur zu finden ist eine unabdingbare Voraussetzung, um Texte überhaupt lesen zu können. Doch selbst ohne den Blick in eine einzige Veröffentlichung zu werfen, kann das Ergebnis einer guten bibliographischen Recherche schon bei der Einschätzung des Forschungsstandes und der Eingrenzung des Themas helfen: Aus welchen Blickwinkeln wird der Gegenstand betrachtet? Wurde dazu schon viel publiziert? Aus welchen Jahren stammen die Veröffentlichungen dazu? Gibt es Autor*innen, die einschlägig mit dem Thema verbunden sind und in deren eigenen Publikationslisten sich die weitere Suche lohnen könnte?

Um die geschichtsdidaktische Literatur zu einem Thema möglichst umfassend erfassen zu können, ist trotz der breiten, aber eben auch sehr unspezifischen Wissensbasis allgemeiner Suchmaschinen die Nutzung fachspezifischer Datenbanken (Bibliographien) notwendig, die mit ihrer systematischen Auswertung von Publikationen und der redaktionellen Verschlagwortung von Neuerscheinungen – insbesondere auch unselbstständigen Publikationen wie Aufsätzen, die in Bibliothekskatalogen nicht zu finden sind – gleichsam kuratierte Ergebnisse bereitstellen. Für die Geschichtsdidaktik als „Schnittstellenwissenschaft“ sind zwei Bibliographien gleichermaßen relevant: die Deutsche Historische Bibliographie[1] und das Fachportal Pädagogik[2]. Beide Datenbanken sollten Sie daher für Ihre Recherchen benutzen. Wie auch bei anderen Datenbanken gilt auch hier, dass z. B. das Trunkieren von Suchbegriffen hilfreich sein kann. Suchen Sie also beispielsweise nicht nach „Geschichtsbuch“ oder „Geschichtsbücher“, sondern nach „Geschichtsb*“, damit Sie Treffer zu beiden Wörtern erzielen. Die Form der Trunkierung ist dabei von Datenbank zu Datenbank unterschiedlich.

Ein zweiter Rechercheweg insbesondere zu den aktuellsten Publikationen führt über die fachdidaktischen Zeitschriften. Schauen Sie – oft online möglich – in die Inhaltsverzeichnisse der letzten Ausgaben insbesondere dieser Periodika: Zeitschrift für Geschichtsdidaktik, Geschichte in Wissenschaft und Unterricht, Geschichte für heute und Zeitschrift für Didaktik der Gesellschaftswissenschaften. Daneben bieten auch die auf den Unterricht ausgerichteten Zeitschriften Geschichte lernen, Praxis Geschichte und Geschichte betrifft uns oft für Hausarbeiten brauchbare Impulse. Noch aktueller werden Diskussionen im Blog Public History Weekly[3] geführt. Zur weiteren Einschätzung von Literatur helfen dann Rezensionen – sowohl in Zeitschriften als auch online (H/Soz/Kult[4], Sehepunkte[5]) – weiter. Wenn es auf die Schnelle mal etwas kleiner sein soll, kann auch ein Blick in die Literaturverzeichnisse einschlägiger Handbücher helfen. 

 

Die verwendete Literatur im eigenen Text dann zu belegen – sei es als Beleg für ein direktes Zitat oder als Verweis – ermöglicht es den Leser*innen nachzuvollziehen, worauf sich die Argumentation stützt (und schützt vor Plagiatsvorwürfen). Vollständige Literaturangaben helfen nicht nur anderen beim Finden der angeführten Literatur, sondern vermitteln wiederum selbst schon viele Informationen. Nach dem in der deutschen Geschichtswissenschaft bewährten System können Literaturangaben z. B. folgendermaßen aufgebaut sein:

 

  • van Norden, Jörg, Verlust der Vergangenheit. Historische Erkenntnis und Materialität zwischen Wiedererkennen und Befremden (Geschichtsdidaktik theoretisch, 3), Frankfurt a. M. 2022. (Monographie)
  • van Norden, Jörg, Zwischen Prädestination und Kreativität. Die Geschichtsvergessenheit des Netzwerks „Spiel“, in: Christoph Kühberger (Hg.), Zur materiellen Kultur von Spielzeug und Spielen als Darstellung der Vergangenheit (Public History – Angewandte Geschichte, 6), Bielefeld 2021, S. 55–74. (Sammelbandaufsatz)
  • van Norden, Jörg, Weit mehr als nur ein Wiedergänger. Jörn Rüsens erneuerte Geschichtstheorie aus dem Geist des Humanismus, in: Geschichte für heute 11 (2018), Heft 2, S. 84-89. (Zeitschriftenaufsatz)

 

Die nicht abgekürzte Angabe von Vornamen hilft nicht nur bei der Identifizierung von Autor*innen mit häufigen Nachnamen, sondern gibt auch Auskunft, ob Autor*innen als männlich oder weiblich gelesen werden; sie erlaubt Rückbezüge („er“, „die Autorin“ usw.), ohne den Namen nennen zu müssen. Reihentitel geben oft Informationen zur inhaltlichen Ausrichtung des Bandes (z. B. Geschichtsdidaktik theoretisch oder Geschichtsunterricht erforschen). Durch die Angabe der Anfangs- und Endseitenzahlen eines Aufsatzes lässt sich nicht nur sein Umfang ermessen, sondern auch abschätzen, ob ein konkreter Verweis sich womöglich auf die einleitenden oder abschließenden Teile eines Textes bezieht. Aus Verweisen auf die womöglich aktualisierte, überarbeitete oder erweiterte Auflage eines Buches lassen sich Rückschlüsse auf die Forschungs- und Rezeptionsgeschichte ziehen.

 

Wenn Zitate oder Verweise mit Fußnoten belegt werden, können darin weiterführende Informationen gegeben werden, die für die Leser*innen interessant sein könnten, aber für den Gedankengang des Haupttextes an dieser Stelle nicht relevant sind. Dem vermeintlichen Nachteil, dass bei Fußnoten die Urheber*innen eines Zitats nicht schon bei der Lektüre des Textes direkt ins Auge springen, sondern erst ein Blick in die Fußzeile nötig ist, kann durch einen sowieso anzuratenden Schreibstil entgegentreten werden, der Positionen und Zitate kontextualisiert, z. B. so: Geschichtsbewusstsein ist, so der Geschichtsdidaktiker Jörn Rüsen, ein „Inbegriff mentaler Operationen“. Oder z. B. so: Der Kompetenzbegriff wird hier in Anlehnung an das 2001 vom Psychologen Franz Weinert veröffentlichte Konzept verwendet.

Direkte (wörtliche) Zitate können zum einen verwendet werden, um im Text besonders prägnante Formulierungen anderer Autor*innen aufzugreifen. Zum anderen können Zitate dazu dienen, die Argumentation zu stützen. In beiden Fällen sollten Sie darauf achten, dass Zitate weder inhaltlich noch sprachlich isoliert sein sollten: Zitate stehen nur in Ausnahmefällen für sich, sondern sollten immer in Ihre Argumentation und ihre eigenen Formulierungen eingebettet sein. Außerdem sollte mit direkten Zitaten sparsam umgegangen werden. Sorgsam ausgewählt, können sie die Arbeit stärken. Gerade bei den ersten eigenen Texten im Studium werden sie aber häufig auch verwendet, da man denkt, man könne es selber nicht besser ausdrücken als die Autor*innen. Doch hier gilt es, mutig zu sein! In vielen Fällen lässt sich der Inhalt zitierter Texte sehr gut in eigenen Worten ausdrücken und passt so auch besser in den Zusammenhang des eigenen Textes.

 

[1] www.historicum.net/dhb

[2] www.fachportal-paedagogik.de

[3] www.public-history-weekly.degruyter.com

[4] www.hsozkult.de

[5] www.sehepunkte.de

Thema, Titel, Tacheles

Wenn kein Thema von der dozierenden Person vorgegeben wird, ist die Suche nach einem Thema Teil des Hausarbeitsprozesses und bildet den Startpunkt. Oft ist es gar nicht so leicht zu entscheiden, womit man sich länger beschäftigen möchte und auch kann. Schließlich müssen die Themen im Rahmen der Hausarbeit bearbeitbar sein und den Seminar- und Prüfungsanforderungen entsprechen.

Da man sich innerhalb einer Hausarbeit lange mit einem Thema, relevanter Literatur und womöglich Kontroversen sowie historischem Material beschäftigt, ist es sinnvoll, dass eine*n das Thema selbst interessiert oder in gewisser Weise bewegt und beschäftigt. Das erhöht die Neugier und Motivation im Forschungs- und Schreibprozess. Erste Schritte bei der Themenfindung sind daher Fragen an sich selbst wie zum Beispiel:

  • Welches Thema, welche theoretische Aspekte, welches historische oder geschichtskulturelle Beispiel haben im Seminar mein Interesse geweckt?
  • Worüber bin ich vielleicht im Seminar, in meinem Alltag, im Austausch mit Kommiliton*innen, Freund*innen oder Familie gestolpert?
  • Dachte ich in Seminar- oder Alltagsgesprächen schon einmal „Stopp, das stimmt doch so nicht“ oder „Das muss man ausdifferenzieren, eine andere Perspektive einbeziehen“?

 

Dieses Stolpern, Irritationen, Protest sowie Neugierde und Interesse, etwas zu vertiefen oder anders zu denken und zu argumentieren sind gute Marker für die persönliche Themenfindung. Obgleich in der Wissenschaft zwecks größtmöglicher Objektivität das Subjektive oftmals verdrängt wird, ist es doch auch das, was im Forschen antreibt. Die Frage, was das Thema mit mir selbst zu tun hat, ist daher eine wichtige, auch um mit der eigenen Subjektivität, die stets mitläuft, methodisch und reflexiv umzugehen.

Wenn dieses erste suchende Brainstorming ergebnislos war, kann man sich noch einmal mit den Texten, Inhalten und Diskussionen des Seminars und darüber hinaus mit Überblickstexten in Handbüchern und Lexika konfrontieren. Manchmal stößt man beim Durchblättern über erwähnte Debatten und Gegenstände, über Titel, Verweise und Aussagen, die dann eine Initialzündung im persönlichen Suchprozess auslösen können.

Wenn es also eine Idee oder Richtung gibt, in die die Hausarbeit gehen soll, ist eine erste grobe Themenübersicht mit Hilfe von Aufsätzen und Einzelkapiteln (s. Handbücher, Lexika, Einführungsliteratur) sinnvoll. Ausgehend von diesem thematischen Überblick kann dann das Thema weiter eingegrenzt werden, damit man mit der notwendigen Tiefe und Differenziertheit über das Thema innerhalb der begrenzten Seitenzahl schreiben kann. Zentral ist zunächst, welcher Teilaspekt das Interesse am stärksten weckt. Neben der Fragestellung, in der die Themeneingrenzung letztendlich pointiert zusammenläuft, kann das Thema vorab von verschiedenen Seiten her eingegrenzt werden, beispielsweise auf inhaltlicher, räumlicher oder zeitlicher Ebene. Auch die Wahl eines theoretischen Konzepts oder bestimmten historischen Materials sowie eines Beispiels aus der Geschichtskultur grenzen das Thema produktiv ein wie auch ein Fokus auf Personen(-gruppen) oder Institutionen.[1] Aus dieser Themenbestimmung samt Eingrenzung lässt sich sodann ein Arbeitstitel formulieren. Dieser Arbeitstitel zurrt die wichtigsten Koordinaten des Themas fest und hilft so, die Forschungsrichtung einzuhalten. Der Titel der Hausarbeit unterscheidet sich dann insofern, dass er zentral auf dem Deckblatt der Arbeit notiert wird und auch, anders als der Arbeitstitel, „knackiger“ oder provokativer formuliert werden kann. Manche nutzen auch ein prägnantes Zitat als Titel und weisen dann in einem Untertitel auf den thematischen Zuschnitt hin oder deuten bereits im Titel Ergebnisse der Arbeit an.[2] Um mit dem Schreiben der Hausarbeit zu starten genügt jedoch zunächst ein Arbeitstitel und besonders wichtig ist dafür auch die Fragestellung mit möglichen Unterfragen oder Hypothesen. Der Einfall eines Neugier und Interesse generierenden Titels folgt dann oft von ganz allein.

 

[1] Vgl.: Friederike Neumann, Schreiben im Geschichtsstudium, 2. Auflage Opladen & Toronto 2021 < https://elibrary.utb.de/doi/epdf/10.36198/9783838556369>, S. 32 ff.

[2] Vgl.: Ebd., S. 33 f..

Vom Thema zur Frage

Die Forschungsfrage beschreibt das Ziel einer Arbeit. Die Forschungshypothese ist eine vorläufige Antwort auf die Forschungsfrage, die in der Arbeit überprüft, das heißt anhand guter Argumente bestätigt oder widerlegt wird. Die Forschungshypothese wird in der Einleitung erläutert. Die Forschungsfrage bestimmt erstens, welches Material für die Arbeit herangezogen wird. Nur was zu ihrer Beantwortung beiträgt, wird in Augenschein genommen. Die Forschungsfrage ist so etwas wie ein Kompass für die eigene Forschung. Zweitens bestimmt die Forschungsfrage den Aufbau der Arbeit. Die einzelnen Kapitel der Arbeit müssen auf die Forschungsfrage bezogen sein und zur Antwort auf diese Frage beitragen. Die Forschungsfrage ist die Voraussetzung für die Kohärenz der Arbeit. Der Aufbau der Arbeit wird in der Einleitung von der Forschungsfrage her erläutert.

Nicht jede Frage hat das Zeug zu einer Forschungsfrage. Die erste Voraussetzung für eine Forschungsfrage ist a) ihre Relevanz. Mit Relevanz ist gemeint, dass die Forschungsfrage wichtig ist, nicht nur für mich selbst, sondern auch in gesellschaftlich politischer Hinsicht sowie im Forschungsdiskurs. Die Relevanz der Forschungsfrage ist in der Einleitung der Arbeit zu erläutern. Die zweite Voraussetzung für eine Forschungsfrage ist b) , dass sie nicht einfach mit ja oder nein oder mit einer Sachinformation eindeutig zu beantworten ist. Die Arbeit bestünde dann lediglich aus der Wiedergabe von Wissen, das an anderer Stelle schon vorliegt, das heißt auf Reproduktion. Forschung beschränkte sich dann auf Recherche. Die Forschungsfrage zielt auf Widersprüche ab, das heißt sie lässt widersprüchliche Forschungshypothesen, widersprüchliche Antworten, ein Pro und ein Kontra zu, die in der Arbeit abgewogen werden, um schließlich zu einem gut begründeten Ergebnis zu kommen. Die Widersprüche können sich auf der Sachebene bewegen, dann gibt es sachliche Argumente für das Pro und für das Kontra. Die Widersprüche können sich auf der Ebene der Werte und Normen bewegen, dann ist es notwendig, die Werte und Normen, denen man sich als Verfasserin der Arbeit verpflichtet fühlt, offenzulegen. Auch das geschieht in der Einleitung der Arbeit. Nur wenn die Antwort auf die Forschungsfrage ein Problem darstellt, weil widersprüchliche Antworten möglich sind, hat die Arbeit reorganisierenden und Transfercharakter: In ihr trifft die Verfasser*in eigene Entscheidungen und begründet sie stichhaltig.

Beispiele:

  • Welches Narrativ wird in den ersten drei Captain America Comics über den Nationalsozialismus erzeugt und wie authentisch ist dieses Narrativ?
  • Multiperspektivität im gesellschaftswissenschaftlichen Unterricht: Ein Beitrag zur Demokratieerziehung?
  • Historisches Denken und Schule: Geschichtsunterricht oder Gesellschaftslehre?
  • Geschichtsbewusstsein und Inklusion: Ein Widerspruch?
  • Historisches Denken: Tradition oder Emanzipation?

Viele Wege führen zur Hausarbeit

coming soon

Der rote Faden. Mit Kohärenz und Kohäsion

Mit dem roten Faden, also dem sprachlich und inhaltlich realisierten Zusammenhang, steht und fällt ein Text. Fehlt er, wirkt der Text wie eine wahllose Ansammlung von Gedankenfetzen ohne Ziel und Aussagekraft. So wichtig er ist, so herausfordernd kann es sein, diesen roten Faden im Text zu spinnen, begleitet er doch den gesamten Schreibprozess von den Kapitelüberschriften, über jeden verfassten Absatz bis zu den letzten Sätzen im Fazit. Unabhängig davon, ob der Text gedanklich vorformuliert ist oder die Argumentation vor allem beim Schreiben wächst, geht es beim roten Faden stets ums Planen, (Aus-)Sortieren, Anordnen und Prüfen in einem fortlaufenden, sich abwechselnden Prozess.

Dreh- und Angelpunkt sind dabei die Fragestellung und der Weg, der zur Antwort der Fragestellung führt (Gliederung und Aufbau der Argumentation). Die Fragestellung dient stets als Kompass: Führt der Gedanke, die Begriffserklärung, der Absatz oder das Unterkapitel zur Beantwortung meiner Fragestellung? Oder genügt ein weiterführender Verweis in der Fußnote für diesen Aspekt, kann er sogar weggelassen werden? Wie bei einem Puzzle entscheidet man abhängig vom Gesamtbild – also der Fragestellung und der eigenen Argumentation –, welche Puzzle- bzw. Textteile in welchen Abschnitt passen oder ob sie gar zu einem weiteren Puzzle mit anderer Themen- und Fragestellung gehören.

Um sich den Argumentationsweg wie einen Schreibplan besser vor Augen zu führen, ist es hilfreich, die zentralen Aspekte, Hypothesen und Argumente als Stichworte auf Karten zu schreiben oder im Dokument farbig/fett hervorzuheben, um dann die Argumentation wie ein Gerüst oder eben Puzzle gezielt anzuordnen und im weiterem Denk- und Schreibprozess die Positionen der Stichwortkarten/ markierten Stichworte auch noch verschieben zu können. Die zentralen Aussagen prägnant zu formulieren, ermöglicht die Argumente klar und gezielt zu entfalten, sodass beim Schreibprozess deutlich wird, welche Sätze das Argument abbilden, also zum tragenden Textgerüst gehören, und welche eine zusätzliche Erklärung oder ein illustrierendes Beispiel zum Argument präsentieren. Es lohnt sich für die anschließenden Überarbeitungsrunden, im Dokument selbst Markierungen und Kommentare an den Rand oder in Doppelklammern zu schreiben, wo die Argumentation oder eine Formulierung hakt, etwas ausdifferenziert oder umgestellt werden muss. So bleibt man besser im Denk- und Schreibfluss und behält den Überblick im gesamten Text.

Die kontinuierlichen Entscheidungsprozesse, welche Thesen und Informationen hinein und wohin gehören, finden während des Schreibens und vor allem auch beim Prüfen und Überarbeiten der Texte statt, was oft vernachlässigt wird. Dafür ist es in der Regel sinnvoll, den Text auch mal ein paar Tage ruhen zu lassen und ihn dann erneut kritisch und laut zu lesen und die verschiedenen Ebenen im Text wie zum Beispiel Inhalt und Argumentation, Kapitel- und Absatzstruktur zu betrachten (Neumann, S. 97). Unverzichtbar ist, den Text von anderen lesen zu lassen, und zwar nicht allein mit der Bitte um Rechtschreibekontrolle, sondern eben auch mit Blick auf eine verständliche und überzeugende Argumentation beurteilen zu lassen. Sollte die Möglichkeit bestehen, mehreren Korrekturlesenden die Arbeit zu geben, bietet es sich an, „Leseaufträge“ zu verteilen, also klar zu formulieren, auf was beim Lesen geachtet werden soll (Rechtschreibung, Zeichensetzung, aber eben auch Struktur, Inhalt, …). Denn es geht darum, den Leser:innen einen roten Faden durch den Text zu legen, dem sie gut folgen können. Ein nachvollziehbarer Weg ordnet die Informationen und Argumente so an, dass sie aufeinander aufbauend und sprachlich geleitet zur Antwort der Fragestellung führen. Eine gute Gegenprobe kann es sein, wenn man versucht, jeden Absatz in einem Satz zusammenzufassen. Wenn sich das machen lässt und wenn die Sätze aneinandergereiht einen Zusammenhang ergeben, dann hat man einen gut strukturierten Text geschrieben.

 

Weiterführende Literatur:

Friederike Neumann, Schreiben im Geschichtsstudium, Opladen & Toronto 2021, hier v.a. die Abschnitte „Schreiben“ und „Geschriebenes überarbeiten“;

Otto Kruse, Lesen und Schreiben. Der richtige Umgang mit Texten im Studium, Konstanz 2010, hier v.a. Abschnitt „Texte strukturieren“.

Erkenntnisinteresse darlegen

Das Erkenntnisinteresse wird oft als der Drang, die Bemühung, das Interesse verstanden, womit eine Frage(-stellung), eine (Hypo-)These, eine Thematik geklärt werden soll oder worüber eine Erkenntnis gewonnen werden soll. Die wissenschaftliche Diskussion um Erkenntnisinteresse sieht jedoch anders aus.

Die obige erste (,falsche‘) ‚Definition‘ setzt voraus, dass das Interesse eine Erkenntnis erlangen will, also das Interesse der Erkenntnis vorangestellt ist. Doch genau diese Reihenfolge muss die Frage zulassen, welche Interessen wie und warum hervortreten. Die schon in der Antike von einigen Philosophen vertretene Vorstellung, aus der Unparteilichkeit die wahre Erkenntnis gewinnen zu können,[1] kann nicht aufrecht gehalten werden. Ebenso wenig die Prinzipien des Positivismus. Der wissenschaftliche Diskurs um das Erkenntnisinteresse weist an diesem Punkt eine deutlich differenziertere Auffassung auf. Es kann nämlich weder ein objektives Interesse, noch eine zu erkundende objektive Wahrheit geben. Denn die (subjektive) Perspektivität sowie der gesellschaftliche Standort des*r Erkennenden sind hier entscheidende Parameter.

Neben Vorstellungen, dass beispielsweise die Themenauswahl von Wertvorstellungen und Interessen geleitet werden können, diese aber gemäß dem Postulat der Werturteilsfreiheit die wissenschaftliche Untersuchung selbst nicht beeinflussen können (wie bei Max Weber)[2], existieren gesellschaftskritische Theorien, die dezidiert die subjektive Seite der Geschichtsschreibung hervorheben, weil sie hinter den Interessen die Interessen einer Klasse ausmachen (wie Karl Marx).[3] Für die Definition des Erkenntnisinteresses heißt das folglich, dass sie sowohl in der Wissenschaft an sich, als auch in der wissenschaftlichen Produktion – somit auch beim Verfassen einer Hausarbeit -  einen gesellschaftlichen Charakter erkennen und festmachen.

Dies bedeutet konkret, dass ein Interesse an einer Thematik, aber auch der Prozess des wissenschaftlichen Arbeitens, Ideen entspringen, die nicht losgelöst vom Interesse betrachtet werden dürfen und immer standortgebunden sind. Wissenschaft und Forschung sind demnach nicht von irgendwelchen Haltungen zu trennen und dementsprechend zu behandeln, auch wenn diese nicht explizit formuliert und offengelegt sind.

Als die letzten großen Entfacherin der Diskussion um die Deutung von Erkenntnisinteresse, unterstreicht die Kritische Theorie den Zusammenhang von Erkenntnis und Interesse, mit dessen Analyse sie die Behauptung stützen wollte, „daß radikale Erkenntniskritik nur als Gesellschaftstheorie möglich ist“[4] und das emanzipatorische Erkenntnisinteresse kritischer Wissenschaften eine  Veränderung gesellschaftlicher Verhältnisse anstrebt5.

Beim Verfassen einer wissenschaftlichen Hausarbeit ist zusammenfassend somit von Bedeutung:

…, dass der eigene Standpunkt reflektiert werden sollte.

…, dass eine Reflexion der eigenen Meinung erfolgen sollte.

…, dass die gesellschaftliche Situiertheit immer auch schon existierende Interessen, Werte, Normen, Vorstellungen, Annahmen bedingt.

Die Schwierigkeiten, die durch die Standortgebundenheit existieren und sowohl bei der inhaltlichen Gestaltung als auch bei der Formulierung einer Hausarbeit auftreten, sind allzu gut bekannt. Wie diese jedoch erfolgreich überwunden werden können, darauf geben unter anderem einige Kapitel in diesem Dossier wichtige Hinweise.

 

Weiterführende Literatur:

Karl Marx, Friedrich Engels: Manifest der kommunistischen Partei, in : Marx Engels Werke (MEW), Band 4: Mai 1846–März 1848, Berlin, 6. Aufl. 1972, S.480.

Wolfgang Jordan: Erkenntnisinteresse, in: Lexikon der Geisteswissenschaften: Sachbegriffe - Disziplinen – Personen, Helmut Reinalter, Peter J. Brenner (Hrsg.), Köln 2011, S.141-147.

Jürgen Habermas: Erkenntnis und Interesse, Frankfurt am Main 1973.

[1] Wolfgang Jordan: Erkenntnisinteresse, in: Lexikon der Geisteswissenschaften: Sachbegriffe - Disziplinen – Personen, Helmut Reinalter, Peter J. Brenner (Hrsg.), Köln, 2011, S.141f..

[2] Ebd, S.145.

[3] Karl Marx, Friedrich Engels: Manifest der kommunistischen Partei, in : Marx Engels Werke (MEW), Band 4: Mai 1846–März 1848, Berlin, 6. Aufl. 1972, S.480.

[4] Jürgen Habermas: Erkenntnis und Interesse, Frankfurt am Main 1973, S.9. 5               Ebd., S.244.

 

Die eigene Meinung formulieren

Die eigene Meinung, Einschätzung oder Position in einer Hausarbeit kundzutun, ist nicht mit der ‚Wiedergabe des gelesenen Textes in eigenen Worten‘ zu verwechseln. Sie ist weitaus mehr als das. Sie geht über die Rekonstruktion des Gelesenen hinaus. Die eigene Beurteilung, Kommentierung, Infragestellung oder Stärkung eines Ansatzes ist der Beweis dafür, dass der Sachverhalt oder die Fragestellung auf einer anspruchsvolleren Ebene bearbeitet wurde. Sie ist als eine Haltung zu definieren, die sowohl zur Forschungsliteratur eingenommen wird als auch zu einem Diskurs/Thema. Hiermit ist der Anschluss an eine Idee eines gelesenen Textes oder aber auch die Bildung einer eigenen Synthese zu verstehen, die erreicht wird, indem Teilaspekte aus unterschiedlichen Texten logisch-kritisch kombiniert werden.

Um diese komplexere, höhere Denkebene fruchtbar für die Arbeit werden zu lassen, ist es jedoch unabdingbar, dass die eigene Position gut strukturiert und mit Methode entwickelt wird. Nur die wissenschaftliche Arbeitsweise verhindert eine willkürliche Äußerung von losen, nicht kontextualisierten Gedankengängen, die lediglich dazu führt, dass die Meinungsbekundung unbegründet und unbelegt ist. Durch solch aufgezogene, nicht nachprüfbare Thesen wird die Arbeit eindeutig an Substanz verlieren. Mehr noch; ihre Wissenschaftlichkeit kann hinterfragt werden. Die eigene Position sollte also so aufgebaut und dargelegt werden, dass die Gründe, die genannt werden, einer kritischen Beurteilung standhalten können. Wenn also interpretiert, kommentiert werden soll, muss erst einmal analysiert, dann reflektiert werden. Die Analyse wiederum ist eng mit kritischem Denken verzahnt. Nur das Bemühen, über den Tellerrand hinausschauen zu wollen, vorherrschende Ansätze, Thesen zu hinterfragen, unterschiedliche Perspektiven zu einem bestimmten Sachverhalt hinzuzuziehen, führt zur oben genannten kritischen Beurteilung. „Nicht einfach das Nachvollziehen, sondern das Nachdenken ist deshalb das, was Wissenschaft ausmacht.“[1] Dieser Punkt ist genau der, der die Arbeit aufwertet und über die Reproduktion hinausgeht.

Methodische Vorschläge bei der Formulierung der eigenen Position

  • Vergleich mehrerer Texte zu einem bestimmten Thema
  • Beleg mehrerer Autor*innen zu einem Thema
  • Drauf achten und verdeutlichen, an welche Theorien und Ansätze in der Argumentation angeknüpft wird
  • Gut durchdenken und schreiben, welche Position vertreten und welche gegebenenfalls kritisiert wird
  • Klarmachen, wo die eigene Meinung beginnt, wo sie aufhört und was mögliche Gegenpositionen sind.

Weiterführende Literatur:

Otto Kruse: Kritisches Denken und Argumentieren, Konstanz 2017.

Friederike Neumann: Schreiben im Geschichtsstudium, 2. Auflage, Opladen, Toronto 2021.

 

[1] Otto Kruse: Kritisches Denken und Argumentieren, Konstanz 2017, S.230.

Texte überarbeiten

Thomas Mann soll von sich behauptet haben, dass er seine Bücher Seite um Seite in einem sofort fertigen Zustand geschrieben habe. Entweder war er tatsächlich so genial oder das war eine eitle Lüge. Professionalität zeigt sich beim Schreiben nicht dadurch, dass man mit einem Mal den perfekten Text produziert, sondern dass man mit einem Entwurf loslegt und den schrittweise verbessert bis er das wiedergibt, was man sagen möchte. Also: Besser loslegen, als auf den perfekten Moment zu warten. Besser schreiben und bearbeiten, als stundenlang über das richtige Wort nachzudenken. Gute Texte brauchen mehrfache Bearbeitung.

Dafür sollte man ebenso Zeit einplanen, wie für die Möglichkeit, dass andere Personen den Text vor seiner Veröffentlichung oder Abgabe schon einmal lesen. Dabei wird man aus eigenen Denk- und Argumentationsschleifen herausgerissen und man erfährt, wie andere den Text lesen und verstehen, ob man überhaupt verständlich ist und ob bei den Leser*innen das ankommt, was man sagen möchte. Dieser Kritik gegenüber sollte man nicht zu feinfühlig sein. Sie ist wertvolle Rückmeldung und in der Regel gut gemeint, was man vom künftigen Publikum (sei es nun öffentlich oder seien es Prüfer*innen) nicht zwingend erwarten kann.

Und weil niemand genial ist und auch nicht perfekt schreiben kann, sollte man alle Mittel ausschöpfen, Zumutungen an die Leser*innen zu vermeiden. Die Rechtschreibprüfung des Schreibprogramms ist dafür da, dass man sie nutzt. Und zunehmend kann auch KI helfen, Texte zu verbessern. DeepL Write macht nicht nur mitunter gute Vorschläge, Texte stilistisch zu verbessern. Beim Abwägen, ob die eigene der vorgeschlagenen Korrektur nicht doch überlegen ist oder man das Ganze nicht auch noch ganz anders formulieren könnte, verbessert man auch noch die eigene stilistische Sicherheit. Wer MS Word benutzt, kann sich den Text vorlesen lassen. Dort, wo das Programm stolpert, stimmt in der Regel etwas mit dem Text nicht.

Da all diese Möglichkeiten existieren, um Texte zu selbst zu verbessern, darf man bei Leser*innen und Prüfer*innen nicht allzu viel Akzeptanz schlecht oder fehlerhaft geschriebener Text erwarten. All das Überarbeiten macht Mühe, aber man lernt dabei und wird besser. Die feinsten und routiniertesten Schreiber*innen sind  Vielschreiber*innen und haben mit Sicherheit viel korrigiert und bearbeitet. Oft hilft es auch, den Text erst ein paar Tage an die Seite zu legen und ihn dann noch einmal mit etwas Abstand zu lesen. Gibt man den Text dann an Korrekturlesende weiter, bietet es sich an, „Leseaufträge“ zu verteilen. Eine genaue Formulierung dessen, was Lesende beachten sollen, hilft, die gewünschte Rückmeldung zu bekommen.

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