Worin liegt die Faszination des Mittelaltermarkts auf der Sparrenburg oder der Serie „Game of Thrones“? Warum tragen Identitäre T-Shirts mit Jahreszahlen wie „732 - Schlacht von Tours“ oder „1571 - Schlacht von Lepanto“? Welches geschichtliche Bild überliefern Andenkenfiguren eines Mao oder Atatürk in Souvenirshops? Was steht hinter der auf Kolumbus fokussierten Darstellung der Eroberung Lateinamerikas in einem Schulbuch oder der nach Kolonialist*innen benannten Straße? Was machen wir heute mit einem judenfeindlichen Relief, das in die Fassade einer mehr als 700 Jahre alten Wittenberger Kirche eingelassen ist?
Die genannten geschichtskulturellen Phänomene zeigen, wie die Vergangenheit in unsere Gegenwart hineinreicht. Sie bilden den Untersuchungsgegenstand des Profilbereichs Geschichtskulturen, der an der Schnittstelle zwischen universitärer historischer Forschung und Öffentlichkeit arbeitet. In kritisch-emanzipatorischer Absicht nimmt der Profilbereich die unterschiedlichen Orte der Geschichtsproduktion und -vermittlung in den Blick und untersucht ihre spezifischen Praktiken und Funktionsweisen. Dabei wird zunächst nach der Medialität von Vergangenheitsspuren und Darstellungsmodi gefragt – die u.a. materieller, bildlicher, performativer, digitaler Natur sind –, um sie auf ihre jeweils unterschiedlichen Auswirkungen auf Erkenntnis-, Lern- und Vermittlungsprozesse hin zu überprüfen. Dieser Aspekt hängt eng mit der Frage zusammen, welche wissenschaftlichen, ökonomischen, ästhetischen oder gesellschaftlichen Interessen bei solchen Prozessen eine Rolle spielen. Nicht zuletzt wird die Geschichte als gesellschaftlich geteiltes Wissensfeld reflektiert, das im Rahmen von Aushandlungsprozessen in Universitäten, Schulen und weiteren Orten entsteht. Auch auf die Frage, welche Rolle die Geschichtswissenschaft in dieser Konstellation zu spielen hat und will, sucht der Profilbereich Antworten.
Die Mitarbeiter*innen des Profilbereichs begleiten Studierende aller historischen Studiengänge: im fachwissenschaftlichen und lehramtsbezogenen Bachelor- und Masterstudium, im Profil „Geschichtskulturen“ sowie im Lernbereich Sachunterricht. Der besondere Reiz der Veranstaltungen liegt in der Schnittstellenfunktion zwischen Reflexion und Praxis. In universitären Seminaren, Projekten und Praktika werden Transferprozesse mit Blick auf die verschiedenen Medien, Modi und Institutionen der Geschichtsvermittlung aufgeschlossen. In der Begegnung mit Wissenschaftler*innen wie auch Praktiker*innen aus dem weiten Feld der öffentlichen Geschichtsproduktion und -vermittlung werden Kompetenzen und Berufsfelder für Absolvent*innen der Geschichtswissenschaft entwickelt, die über die historische Forschung hinausreichen.