Blütenduftstoffe sind vielfältig und erfüllen diverse Funktionen. Während sie Bestäuber anlocken, wirken sie gleichzeitig attraktiv auf Florivore. Außerdem enthalten Blütenteile wie Pollen nicht-flüchtige nahrhafte oder toxische Metaboliten, die unterschiedlich auf Insekten wirken. Ziel von P6 war es, die Rolle der Chemodiversität für Blüten-Insekten-Interaktionen sowie Zielkonflikte zu erforschen, die Blüten bei der Anlockung von Mutualisten versus Antagonisten eingehen. Ein Review und eine Metaanalyse ergaben, dass Pflanzen bei der Anziehung von Bestäubern mit Zielkonflikten konfrontiert werden, da Florivore auf dieselben chemischen Signale reagieren und sich repellente Verbindungen gleichzeitig negativ auf Bestäuber auswirken. Außerdem fand sich ein Zusammenhang zwischen der Chemodiversität flüchtiger Blütenstoffe und floralen Belohnungsmerkmalen oder nicht-flüchtigen Nährstoffen oder Toxinen. Für unsere Experimente wählten wir Tanacetum vulgare, welche aufgrund ihrer vielfältigen Terpenoidzusammensetzung ein geeignetes System zur Untersuchung der Auswirkungen von Chemodiversität auf Blütenbesucher darstellt. Die Chemotypen unterschieden sich anhand der flüchtigen organischen Verbindungen in den Blütenköpfen, aber auch der Mikronährstoffzusammensetzung des Pollens. Laborexperimente zeigten, dass florivore Olibrus-Käfer von Blütenköpfen bestimmter Chemotypen unterschiedlich angelockt wurden, insbesondere dem β-Thujon-Chemotyp. Dieser war außerdem für das Überleben förderlicher als zwei weitere Chemotypen. Vorläufige Versuche im Gewächshaus deuten darauf hin, dass Hummeln eine ähnliche Vorliebe für den β-Thujon-Chemotyp zeigen. In einer Feldstudie mit fünf Chemotypen, die entweder in homogenen oder heterogenen Plots angepflanzt wurden (mit P5), beobachteten wir trotz des hohen Terpenoid-Reichtums der Blüten zahlreiche Blütenbesucherarten auf T. vulgare. Bestäuber unterschieden zwischen den Plot-Typen und besuchten heterogene Plots häufiger, während Florivore keine Präferenz zeigten. Außerdem fanden wir eine positive Korrelation zwischen Bestäuber-Besuchszahlen und der Keimungsrate der Samen. Daher könnten Chemotypen im Freiland Zielkonflikte minimieren, wenn sie in heterogenen Plots wachsen, was zu einer höheren Fitness führen könnte. Unsere Daten werden von P9 zur Modellierung von virtuellen Tanacetum verwendet.
Zusammenfassend deuten die Ergebnisse unserer Labor- und Freilandexperimente darauf hin, dass einzelne Blütenbesucher-Arten zwischen T. vulgare Chemotypen unterscheiden und in ihrer Entwicklung beeinflusst werden, was zu potenziellen Zielkonflikten für die jeweiligen Chemotypen führt. Das Projekt hat Schlüsselfragen zum Gleichgewicht zwischen Blütenbestäubern und -fressern beantwortet, einerseits allgemein für verschiedene Pflanzenarten mit Hilfe der Metaanalyse, andererseits für das chemodiverse und stark von Insekten besuchte Pflanzensystem T. vulgare. Dieses Projekt wird beendet, aber Aspekte davon werden in P5 weiter untersucht.