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  • Studienfach: Deutsch als Fremd- und Zweitsprache

    Campus der Universität Bielefeld
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"Bonjour, vazaha"

Zwischen den Universitäten von Antananarivo (Madagaskar) und Bielefeld besteht seit über 20 Jahren eine Partnerschaft, die besonders von den Fächern Mathematik, Deutsch als Fremdsprache, Germanistik und Linguistik getragen wird. Lehraufträge Bielefelder Dozenten in Antananarivo und DAAD-geförderte Studienaufenthalte madagassischer Studierender in Bielefeld zur Vorbereitung ihrer Magister- und Doktorarbeiten sind regelmäßige Bestandteile dieser Kooperation.

Die diesjährige DaF-Studienfahrt führte im März/April 2004 eine Gruppe deutscher Studierender unter Leitung von Dr. Lutz Köster nach Madagaskar – ein Novum sowohl für den DAAD, der zum ersten Mal eine Studienreise nach Afrika (teil)finanzierte, als auch für das Fach Deutsch als Fremdsprache, das dort ungewöhnlich stark vertreten war, wurde die Gruppe doch auch von Prof. Dr. Claudia Riemer begleitet, die für denselben Zeitraum eine DAAD-Gastdozentur übernommen hatte.

Die Reisegruppe auf dem Dach des Goethe-Zentrums

„In Madagaskar lernt und spricht man Deutsch?“ Das war wohl die meistgestellte Frage im Vorfeld der Studienreise, die den sieben Reisenden immer wieder gestellt wurde. Deutsch ist dort die dritte Fremdsprache nach Französisch und Englisch, etwa 12.000 Schüler lernen die Fremdsprache Deutsch an den Collèges (2 Jahre) und Lycées (3 Jahre). Das Germanistikstudium ist nur an der Universität der Hauptstadt Antananarivo möglich. Schon seit 1960 wird dort Deutsch unterrichtet; seit 1980 ist Germanistik ein eigener Studiengang und seit 1992 gibt es das Département d´Études Germaniques, an dem auch ein DAAD-Lektorat eingerichtet ist und wo DaF-Praktika abgeleistet werden können.

Theatergruppe der Universität in Tana

Antananarivo

Hospitationen und mehrere Workshops zu landeskundlichen Themen, zusammen mit den begeisterungsfähigen madagassischen Studierenden durchgeführt, standen im Mittelpunkt der Arbeit an der Universität. Prof. Claudia Riemer bot zwei vollständige Seminare zu Faktoren des Fremdsprachenlernens und zu Fremdsprachenerwerbstheorien an, die bei den Studierenden auf große Resonanz stießen, ist doch der Bereich der Sprachlehr-/-lernforschung in der Deutschlehrerausbildung nur schwach vertreten.

Beratung der Studierenden durch Frau Prof. Dr. Claudia Riemer

Am CGM, dem „Cercle Germano-Malagasy“ (Goethe-Zentrum, Nachfolger des 1976 geschlossenen Goethe-Instituts), beteiligte sich die Gesamtgruppe an der jährlich stattfindenden Lehrerfortbildung, eine besonders für die deutschen Studierenden wichtige interkulturelle Lehr-Erfahrung.

Das Goethe-Zentrum, „Cercle Germano-Malagasy“

Gutscheine für ein Mittagessen im Goethe-Zentrum

Der Deutschunterricht an öffentlichen und privaten Schulen bildete den dritten Schwerpunkt der Reise. Über Fianarantsoa ging es im Kleinbus 1000 Kilometer in den Süden bis nach Toliary; neben der Hospitation und Praxisfelderkundung wurden Seminare zur Lehrerfortbildung in den Bereichen Fremdsprachenerwerb und Methodik/Didaktik angeboten, die auf sehr großes Interesse bei den Deutschlehrerinnen stießen.

Toliary

Zu bewundern war das Engagement der madagassischen Lehrenden, unter zumeist höchst unzureichenden Rahmenbedingungen (fehlende oder unzureichende Material- und Medienausstattung, schlechte räumliche Bedingungen, übergroße Klassen) die bestmögliche Arbeit zu leisten, was von einem ungewöhnlich großen Lerneifer ihrer Schüler und Schülerinnen begleitet wird. 30 bis 70 wißbegierige Schüler sitzen in ihren engen Bänken und wollen Deutsch lernen. Zu Beginn der Stunde werden die Lehrwerke ausgeteilt und am Ende wieder eingesammelt, da es nicht genügend Bücher für alle Klassen gibt; „Ihr und Wir“ ist ein allerdings für Westafrika entwickeltes regionales Lehrwerk, das mit dem ausgeprägten madagassischen Selbstbild als nichtafrikanischem Land nur schwer zu vereinbaren ist.

Schulklasse in Fianarantsoa

Und was bei uns als didaktischer Standard gilt, läßt sich in Madagaskar oft nicht in die Praxis umzusetzen: Denn ohne Steckdose und Kassettengerät keine authentischen Hörübungen von Kassette oder CD, die festen Bank- und Tischreihen lassen kaum Gruppenarbeit zu. Für die Schüler stellte unser Besuch die erste Gelegenheit dar, mit Deutschen zu sprechen und die eigenen Sprachkenntnisse authentisch zu testen.

In der Schule in Fianarantsoa

Die traditionell guten Beziehungen zwischen den Études Germaniques der Universität Antananarivo und dem Fach Deutsch als Fremdsprache der Universität Bielefeld konnten durch den Aufenthalt in Madagaskar weiter intensiviert werden. Der herzliche Empfang und die hervorragende Betreuung vor Ort – Frau Dr. Raminosoa, Direktorin des Départements, Frau Dr. Radanielina, Leiterin der Sprachabteilung des Goethe-Zentrums, Frau Dr. Brandt, DAAD-Lektorin, und dem CEEGA (Studierendenvertretung) seien herzlich gedankt –.

Empfang durch den Président der Universität Antananarivo; sitzend: Prof. Dr. Pascal Rakotobe (Président), Prof. Dr. Claudia Riemer; stehend von links nach rechts: Anke Nürnberger, Dr. Beby Soa Raminosoa, Sandra Bomholt, Dr. Sylvia Brandt, Joy-Sarah Ohntrup, Felix Warneke, Prof. tit. Dr. Liliane Ramarosoa, Julia Richter, Dr. Lutz Köster, Dr. Rolande Ramasomanana

Aber auch die wunderschöne Landschaft machten diese Studienreise zu einem unvergeßlichen Erlebnis für alle Beteiligten.

Als Fortsetzung der Kooperation werden im Herbst 2004 erneut zwei madagassische Studierende an die Universität Bielefeld kommen, vereinbart ist weiter eine Schwerpunksetzung im Bereich der Fremdsprachendidaktik Deutsch und der DaF-Lehreraus- und -fortbildung.

Die Ausweitung des Kontakts auf die studentische Ebene kann als wichtiges Element eines breiten, lebendigen Austausches angesehen werden. Dementsprechend soll nun versucht werden, einer madagassischen Studierendengruppe im nächsten Jahr eine Fahrt nach Deutschland zu ermöglichen, um diesen Studierenden Einblick in und gelebte Erfahrung mit sprachlicher und landeskundlicher Realität zu ermöglichen, ihnen Arbeitsweisen und Wissenschaftstraditionen in Deutschland näher zu bringen und die Gegenseitigkeit der Kooperation zu verdeutlichen. Auch wenn eine solche Reise nur einer kleinen Anzahl von Studierenden zu ermöglichen sein wird, so ist der Multiplikatoreffekt und auch Motivationseffekt einer solchen Fördermaßnahme als sehr hoch einzuschätzen – für das Studium und über das Studium hinaus: So berichten z.B. Studierende in ihren Sprachlernbiographien, die von Prof. Riemer in Madagaskar erhoben wurden, von hoch motivierten und dadurch motivierenden Deutschlehrenden, die ihre früheren Erfahrungen aus Aufenthalten in deutschsprachigen Ländern an die Lernenden weitergegeben hatten. (lukö / DaF)


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