Durch die direkte Nähe zum Teutoburger Wald ist es an der Universität Bielefeld möglich, Greifvogelarten in ihrem natürlichen Habitat zu untersuchen.
Mäusebussarde, Habichte, Milane und Uhus sind die Tierarten eines Langzeitforschungsprojekts, das das Leben und den Tod von Wildtieren in Kulturlandschaften untersucht.
Ein Großteil der Forschungsarbeit mit Greifvögeln findet in der natürlichen Lebensumgebung der Tiere statt. Inwiefern handelt es sich dabei um einen Tierversuch?
Neben dem Verhalten der Tiere, ist es ebenfalls von Interesse, die einzelnen Tiere zu markieren und Proben von ihnen zu nehmen. Dazu werden zum Beispiel Flügelmarken angebracht und Blutproben genommen. Bereits dieser kurze Eingriff ist ein Tierversuch und muss entsprechend angemeldet werden. Durch die erhaltenen Proben können die Forschenden einzelne Tiere wiedererkennen, das Mikrobiom einzelner Tiere untersuchen und Parasiten nachweisen um deren Verbreitung und Auswirkung auf das Leben der Vögel zu erforschen.
Auf den ersten Blick scheinen Greifvögel aufgrund ihrer langen Lebensdauer ungeeignete Studienobjekte zu sein. Doch die Studie über den Habicht (Accipiter gentilis) läuft nun seit 44 Jahren. Sie liefert seitdem Daten über den Populationserfolg sowie Informationen über Populationsschwankungen. Dies ermöglicht es, die Lücke zwischen individuellem Verhalten und dem aktuellen Vorkommen der Tiere zu schließen. Die Bielefelder Forschenden konnten zeigen, dass ein wichtiges Lebensgeschichtsmerkmal wie das Alter beim ersten Brüten entscheidend für die Fitness (lebenslanger Reproduktionserfolg) des einzelnen Vogels ist und dazu stark von der Umgebungsvielfalt beeinflusst wird. Diese Umgebungsvielfalt beeinflusst auch das Vorkommen der Tiere. Durch die Integration der Forschung zur Lebensgeschichte in die Populationsökologie ist es möglich, ein tieferes Verständnis für die Fitness von Individuen und Populationen zu erlangen.
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Die Untersuchung der Besiedlung des Darmmikrobioms, also der Gesamtheit aller Mikroorganismen im Darm der Tiere, in den frühen Lebensphasen ist wichtig, um zu verstehen, wie Mikroben die Entwicklung und Gesundheit des Mäusebussards beeinflussen können. Veränderungen in der Darmflora können das Immunsystem stören und die Kondition des Vogels verschlechtern. Bei langlebigen Wirbeltieren wie den Mäusebussarden (Buteo buteo) ist dieses Wissen jedoch noch begrenzt.
Das Forschungsprojekt der Bielefelder Wissenschaftler*innen hat sich daher auf eine Wildpopulation von Mäusebussard-Küken und Jungtieren konzentriert. Die Ergebnisse zeigen, dass das Alter der Tiere die Vielfalt und Zusammensetzung der Mikroben im Darm stark beeinflusst. Die Nestumgebung spielt eine entscheidende Rolle für die Zusammensetzung der Darmflora. Auch der Gesundheitszustand der Küken und die Infektion mit dem Blutparasiten Leucocytozoon beeinflussen die mikrobielle Gemeinschaft.
Melanin ist ein wichtiger Farbstoff bei Wirbeltieren mit vielen vermuteten Funktionen, einschließlich einer möglichen schützenden Wirkung gegen Krankheitserreger. Die Verbindung zwischen Melanin und Infektionen durch äußere (Ektoparasiten) und innere Parasiten (Endoparasiten) ist jedoch noch nicht gut erforscht. Der Mäusebussard (Buteo buteo) kommt in drei verschiedenen Farbformen vor, die sich in ihrem Fortpflanzungserfolg unterscheiden.
Wissenschaftler*innen der Universität Bielefeld haben die Verteilung des blutsaugenden Ektoparasiten Carnus haemapterus und des Blutparasiten Leucocytozoon toddi unter Bussardküken untersuchten. Dabei wurde untersucht, ob die Infektion mit den Parasiten mit der Färbung der Küken und ihrer Eltern zusammenhängt. Andere berücksichtigte Faktoren waren die Gesamtzahl der weißen Blutkörperchen, das Verhältnis von Heterophilen zu Lymphozyten, Alter, Geschlecht, Rangordnung im Nest und die jährliche Verfügbarkeit von Nahrung.
Dabei wurde festgestellt, dass die Bussarde mit mittelstarke Färbung sowohl weniger Ekto- wie auch Endoparasiten haben. Daher könnten Bussarde mit einer mittleren Menge an Melanin gut angepasst sein, da sie ausreichend Schutz gegen Endoparasiten geschützt sind, aber nicht zu attraktiv für Ektoparasiten. Diese Erkenntnisse könnten den Erhalt der Vielfalt der Farbvarianten bei Bussarden erklären.