Im Projekt wird das bislang diffuse Konzept der imitatio Christi in historisch prägnanter Weise differenziert. Zwei Aspekte sind zentral: Es kann nicht von einer einheitlichen imitatio-Vorstellung mit Blick auf das Mittelalter gesprochen werden und es hat sich im Spätmittelalter ein engerer Zusammenhang zwischen Selbstkonstitution und imitatio Christi herausgebildet. Zwischen den Spannungspolen der Einzigartigkeit des Gottessohnes und der (vermeintlichen) Unvergleichlichkeit des Individuums können die notorischen Unschärfen der imitatio Christi-Vorstellungen abgebaut werden, gerade unter Beachtung von Vergleichsrelationen und -verfahren. Ausgehend von den beiden grundsätzlichen comparata – von Christus auf der einen und von einem Einzelmenschen auf der anderen Seite – können je nach Ausgestaltung der vielfältigen tertia comparationis produktive Anschlussprozesse unterschieden werden. Es ist zu differenzieren zwischen einer Fremd- und einer Selbstvergleichung, je nachdem, ob jemand Christus mit einem anderen (z.B. Franziskus; Heterosynkrisis) oder mit sich selbst vergleicht (Homosynkrisis). In dem Maße, in dem bei der Selbstvergleichung schließlich vita und passio Christi nicht mehr das comparatum bilden, sondern das Subjekt unter Rekurs auf vita und passio Christi in der Reflexion abstraktere, eigene Maßstäbe des guten christlichen Lebens ausbildet, mit denen es sich selbst vergleicht, erscheint es sinnvoll, zwischen einer Homosynkrisis (Selbstvergleichung mit Christus) und einer Autosynkrisis (Selbstvergleichung mit situationsbezogen gebildeten Normen) zu unterscheiden. Für die Frage nach einer Komplementärgeschichte moralischer Subjektivität spielt gerade die Autosynkrisis eine wichtige Rolle, da hier der Einzelmensch zwar gebunden an die christliche Offenbarung, aber doch entschieden ‚in sich‘ Grundsätze des eigenen Handelns ausbildet. Das Projekt wird auch im Rahmen des DFG-Heisenberg-Programms und gemeinsam mit dem Wissenschaftskolleg zu Berlin durchgeführt. Forschungsarbeiten des assoziierten SFB-Mitglieds Ann-Cathrin Harders zu paganen Selbstvergleichen bei Plutarch wurden in engem Austausch mit dem assoziierten Projekt D Benz entwickelt