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Zen­trum für Prä­ven­ti­on und In­ter­ven­ti­on im Kindes-​ und Ju­gend­al­ter (ZPI)

Campus der Universität Bielefeld
© Uni­ver­si­tät Bie­le­feld

Die Sus­zep­ti­bi­li­tät von Ju­gend­li­chen für An­ti­se­mi­tis­mus im Gangs­ta Rap und Mög­lich­kei­ten der Prä­ven­ti­on

Zum Haupt­in­halt der Sek­ti­on wech­seln

Pro­jekt­lauf­zeit:

  • 1. Mai 2020 bis 1. No­vem­ber 2021

Pro­jekt­lei­tung:

Pro­jekt­mit­ar­beit:

For­schungs­team IPSOS Pu­blic Af­fairs:

  • Lea van Nek
  • Ca­ro­lin Bolz
  • Katja Kie­fer
  • Rou­ven Freu­den­thal

Ge­för­dert durch:

  • An­ti­se­mi­tis­mus­be­auf­trag­te des Lan­des Nordrhein-​Westfalen, Sa­bi­ne Leutheusser-​Schnarrenberger

    Staats­kanz­lei NRW

Die Hiphop-​Kultur ist der­zeit die größ­te und wich­tigs­te Ju­gend­kul­tur. Im Gangsta-​Rap lässt sich seit län­ge­rer Zeit be­ob­ach­ten, dass auch ein hy­per­mas­ku­li­ner Kör­per­kult, au­to­ri­tä­re Macht­fan­ta­sien sowie Heroisierungs-​ und Mar­tia­li­täts­vor­stel­lun­gen zen­tra­le Mo­ti­ve der Selbst­in­sze­nie­rung der meist männ­li­chen Künst­ler bil­den. Diese ver­mit­teln in ihren Lie­dern, Mu­sik­vi­de­os und Stel­lung­nah­men in so­zia­len Netz­wer­ken seit ei­ni­gen Jah­ren auch se­xis­ti­sche und an­ti­fe­mi­nis­ti­sche Rol­len­bil­der, au­to­ri­tä­re Moral-​ und Ge­sell­schafts­vor­stel­lun­gen sowie ver­schwö­rungs­ideo­lo­gi­sche und an­ti­se­mi­ti­sche In­ter­pre­ta­tio­nen glo­ba­ler Herr­schafts­ver­hält­nis­se. Wäh­rend in der For­schung weit­ge­hend Ei­nig­keit herrscht, dass die Texte der Künst­ler un­be­streit­bar Ideo­lo­gien der Un­gleich­heit trans­por­tie­ren, lie­gen ak­tu­ell keine be­last­ba­ren Daten über die Wir­kung und den Ein­fluss der Ideo­lo­gien auf die Wahr­neh­mung und das Den­ken von Ju­gend­li­chen vor.

Das For­schungs­pro­jekt ist ge­för­dert durch die An­ti­se­mi­tis­mus­be­auf­trag­te des Lan­des Nordrhein-​Westfalen. Das Vor­ha­ben, das zu­sam­men mit dem For­schungs­in­sti­tut Ipsos Pu­blic Af­fairs durch­ge­führt wurde, wird hier erste Daten lie­fern und den Zu­sam­men­hang des Kon­sums von Gangsta-​Rap und der Emp­fäng­lich­keit von An­ti­se­mi­tis­mus und Ideo­lo­gien der Un­gleich­heit mit quan­ti­ta­ti­ven und qua­li­ta­ti­ven Me­tho­den un­ter­su­chen. Dar­über hin­aus wer­den auf Grund­la­ge der Er­geb­nis­se Emp­feh­lun­gen für den Um­gang mit Gangsta-​Rap im Kon­text schu­li­scher sowie au­ßer­schu­li­scher Bil­dung ge­ge­ben.

Ak­tu­el­les

von: Marc Grimm, Jakob Baier
unter Mit­ar­beit von: Ull­rich Bauer, Va­nes­sa Wal­ter, Lea van Nek, Ca­ro­lin Bolz, Katja Kie­fer, Rou­ven Freu­den­thal, Baris Er­tu­grul

Im Gangsta-​Rap tre­ten häu­fig au­to­ri­tä­re, ver­schwö­rungs­ideo­lo­gi­sche und an­ti­se­mi­ti­sche Welt­deu­tungs­an­ge­bo­te zum Vor­schein. Die Stu­die lie­fert erst­mals be­last­ba­re Daten über das Wir­kungs­po­ten­ti­al jener Ideo­lo­gien auf die Wahr­neh­mung und das Den­ken von Ju­gend­li­chen.

For­schungs­lei­ten­de Fra­gen

Rap ist die der­zeit größ­te und be­deut­sams­te Ju­gend­kul­tur in Deutsch­land. In den letz­ten 20 Jah­ren hat sich der deutsch­spra­chi­ge Gangsta-​Rap zum öko­no­misch er­folg­reichs­ten und reich­wei­ten­stärks­ten Rap-​Genre her­aus­ge­bil­det (vgl. See­li­ger 2021: 34). Heute er­rei­chen die Ver­tre­ter*innen des Gangsta-​Rap so­wohl über ihre Musik als auch über ihre Social-​Media-Präsenz Mil­lio­nen von Ju­gend­li­chen und junge Er­wach­se­ne. Im April 2018 lös­ten an­ti­se­mi­ti­sche Text­zei­len der bei­den Gangsta-​Rapper Kol­le­gah und Farid Bang eine brei­te Me­di­en­de­bat­te über an­ti­se­mi­ti­sche In­hal­te im deutsch­spra­chi­gen Rap aus (vgl. Baier 2019ff.). Be­reits seit über zehn Jah­ren zeigt sich, dass an­ti­se­mi­ti­sche Mo­ti­ve und Nar­ra­ti­ve so­wohl offen als auch sub­til in die meist hy­per­mas­ku­li­ne und miso­gy­ne Selbst­in­sze­nie­rung von be­kann­ten, haupt­säch­lich männ­li­chen Ver­tre­tern des Gangsta-​Rap ein­ge­bun­den sind (vgl. Grimm/Baier 2020).

Mit Blick auf die Be­deut­sam­keit von ju­gend­kul­tu­rel­len In­hal­ten, Äs­the­ti­ken und Hand­lungs­pra­xen  im All­ge­mei­nen (vgl. Pfaff 2006: 9ff.) und die im Gangsta-​Rap ver­mit­tel­ten Iden­ti­täts­an­ge­bo­te im Spe­zi­el­len, stel­len sich Fra­gen zum Wir­kungs­po­ten­ti­al von deutsch­spra­chi­gen Gangsta-​Rap:

  • Wie neh­men Ju­gend­li­che die In­hal­te des Gangsta-​Rap wahr und wie be­ur­tei­len sie das Ver­hält­nis von gen­re­spe­zi­fi­scher In­sze­nie­rung und den von Gangsta-​Rapper*innen er­ho­be­nen An­spruch auf Au­then­ti­zi­tät?
  • In­wie­fern er­ken­nen Ju­gend­li­che an­ti­se­mi­ti­sche In­hal­te und auf wel­che Weise kor­re­spon­die­ren die im Gangsta-​Rap ver­mit­tel­ten an­ti­se­mi­ti­schen Mo­ti­ve mit den Ein­stel­lungs­mus­tern der ju­gend­li­chen Hörer*in­nen­schaft?
  • Gibt es einen Zu­sam­men­hang zwi­schen Gangsta-​Rap-Konsum und an­ti­se­mi­ti­schen Ein­stel­lungs­mus­tern von Ju­gend­li­chen? Wel­che Un­ter­schie­de und/oder Par­al­le­len zei­gen sich beim Ver­hält­nis von Gangsta-​Rap-Konsum und miso­gy­nen und/oder ras­sis­ti­schen Ein­stel­lun­gen?

Die Er­geb­nis­se aus dem For­schungs­pro­jekt „Die Sus­zep­ti­bi­li­tät von Ju­gend­li­chen für An­ti­se­mi­tis­mus im Gangsta-​Rap und Mög­lich­kei­ten der Prä­ven­ti­on“ geben (erste) Ant­wor­ten auf diese Fra­gen.

For­schungs­de­sign

In Ko­ope­ra­ti­on mit dem IPSOS-​Forschungsinstitut wur­den im Zeit­raum von Mai bis No­vem­ber 2020 ins­ge­samt drei kon­se­ku­ti­ve Stu­di­en zum Gangsta-​Rap-Konsum von Ju­gend­li­chen und jun­gen Er­wach­se­nen aus Nordrhein-​Westfalen durch­ge­führt:

  1. eine qua­li­ta­ti­ve Vor­stu­die durch die Uni­ver­si­tät Bie­le­feld
  2. eine qua­li­ta­ti­ve Stu­die durch das Ipsos For­schungs­in­sti­tut
  3. die quan­ti­ta­ti­ve Haupt­stu­die durch das Ipsos For­schungs­in­sti­tut

Im Rah­men einer (1) qua­li­ta­ti­ven Pi­lot­stu­die wur­den im Mai bis Au­gust 2020 zu­nächst sechs Ju­gend­li­che im Alter von 10 bis 22 Jah­ren in Einzel-​Interviews zu ihren Hör- und Kon­sum­ge­wohn­hei­ten im Be­reich Rap be­fragt. Auf Basis der Einzel-​Interviews wurde ein Leit­fa­den für Gruppen-​Interviews ent­wi­ckelt. An­schlie­ßend wur­den in einer (2) qua­li­ta­ti­ven Stu­die im Au­gust und Sep­tem­ber 2020 ins­ge­samt acht Online-​Einzelinterviews sowie sechs Online-​Gruppendiskussionen mit je­weils sechs Teil­neh­men­den durch­ge­führt.

Schließ­lich wur­den in einer (3) quan­ti­ta­ti­ven Haupt­stu­die ins­ge­samt 500 in NRW le­ben­de Ju­gend­li­che und junge Er­wach­se­ne im Alter von 12 bis 24 Jah­ren mit­tels eines Online-​Fragebogen zu ihrem Gangsta-​Rap-Konsum be­fragt. Neben der Genre-​Orientierung, Hip-​Hop- und Gangsta-​Rap-Präferenzen sowie (online-​)Hör­ge­wohn­hei­ten wur­den auch Text-, Bild- und Vi­deo­in­ter­pre­ta­tio­nen er­fragt. Au­ßer­dem wur­den so­zio­de­mo­gra­fi­sche Merk­ma­le, der Bil­dungs­grad, An­ga­ben zum fa­mi­liä­ren Wohl­stand, For­men der Me­di­en­nut­zung und Me­di­en­kom­pe­tenz er­ho­ben. Dar­über hin­aus wur­den Ein­stel­lun­gen zu Chau­vi­nis­mus & Hy­per­mas­ku­lini­tät, Ge­walt und Un­gleich­heit er­ho­ben.

For­schungs­er­geb­nis­se

Gangsta-​Rap-Lieder han­deln häu­fig von Ge­walt und De­lin­quenz, the­ma­ti­sie­ren je­doch auch immer wie­der Aspek­te so­zia­ler Rand­stän­dig­keit und Pre­ka­ri­sie­rung. Gangsta-​Rapper be­schrei­ben darin ihre so­zio­öko­no­mi­sche Auf­stiegs­aspi­ra­tio­nen, die sie mit Hilfe von mu­si­ka­li­schen und kri­mi­nel­len Er­folg zu rea­li­sie­ren ver­su­chen. In den Einzel-​ und Grup­pen­in­ter­views er­klär­ten die be­frag­ten Ju­gend­li­che, dass sie sich mit den Auf­stiegs­aspi­ra­tio­nen und der Pre­ka­ri­sie­rungs­kri­tik iden­ti­fi­zie­ren kön­nen. Sie schät­zen die Ge­schich­ten von Gangsta-​Rapper die sich aus so­zio­öko­no­misch schwie­ri­gen Ver­hält­nis­sen und/oder der kri­mi­nel­len Ver­gan­gen­hei­ten hoch­ge­ar­bei­tet haben. Sie neh­men die Auf­stiegs­er­zäh­lun­gen im Gangsta-​Rap wahr und be­wer­ten sie po­si­tiv. Häu­fig wer­den sym­pa­thisch wir­ken­de Gangsta-​Rapper als Per­so­nen an­ge­se­hen, die un­ei­gen­nüt­zig auf Miss­stän­de in der Welt auf­merk­sam ma­chen. Dies zeigt sich ex­em­pla­risch in der Aus­sa­ge eines männ­li­chen Be­frag­ten, in der er be­schreibt, was ihm am Gangsta-​Rap ge­fällt:

„Viele be­rich­ten über ihr Leben, wie es frü­her war, wie sie es ge­schafft haben. Sie in­spi­rie­ren Leute, brin­gen Dinge auf den Punkt, die in den Me­di­en nicht ge­zeigt wer­den, über Dinge, wo die Ge­sell­schaft schweigt, zum Bei­spiel über Flücht­lings­po­li­tik haben sie auch ge­sun­gen“

(männ­li­cher Be­frag­ter, 16 Jahre, Ein­zel­in­ter­view)

Bei den In­ter­view­ten be­steht wenig Wis­sen über das Thema An­ti­se­mi­tis­mus. Sie iden­ti­fi­zie­ren Juden und Jü­din­nen als Re­li­gi­ons­grup­pe und ver­fü­gen über ein Grund­wis­sen über die Ju­den­ver­fol­gung unter dem Na­tio­nal­so­zia­lis­mus, die sie als scho­ckie­rend er­ach­ten und ab­leh­nen. Mit Juden und Jü­din­nen as­so­zi­ier­te Kli­schees oder Ver­schwö­rungs­er­zäh­lun­gen ken­nen sie nur sehr sel­ten und sie sind auch nicht in der Lage, ent­spre­chen­de an­ti­se­mi­tisch kon­no­tier­te Codes (z.B. „Roth­schild“ oder „Bil­der­ber­ger“) im Rap zu er­ken­nen. Glei­ches gilt für is­ra­el­be­zo­ge­nen An­ti­se­mi­tis­mus. Ein be­frag­ter Ju­gend­li­cher (17 Jahre) ant­wor­te­te auf die Frage, ob er mit dem im Song Con­tra­band von Fard&Snaga er­wähn­ten Be­griff „Bil­der­ber­ger“ etwas an­fan­gen könn­te, dass er nur das so­ge­nann­te „Bilderberger-​Treffen“ kenne, aber nicht genau sagen könne, was es sei.

„Ich kenne nur das Bilderberger-​Treffen. Ich kenne es, aber ich kann nicht genau sagen, was es jetzt ist.“

(Ein­zel­in­ter­view, männ­li­cher Be­frag­ter, 17 Jahre)

 

Bei der Aus­ein­an­der­set­zung mit spe­zi­fi­schen Ver­schwö­rungs­er­zäh­lun­gen wird deut­lich, dass be­son­ders un­plau­si­ble Er­zäh­lun­gen (wie die der fla­chen Erde) ab­ge­lehnt wer­den; teil­wei­se wird hier aber auch ein­ge­räumt, dass man seine Über­zeu­gun­gen zu­guns­ten der Ver­schwö­rungs­er­zäh­lun­gen kri­tisch hin­ter­fra­gen muss. Bei etwas plau­si­bler wir­ken­den po­li­ti­schen, kom­ple­xen Ver­schwö­rungs­er­zäh­lun­gen zeigt sich wenig Ge­spür für deren Wahr­heits­ge­halt – statt­des­sen wird zu­grun­de­lie­gen­den An­nah­men der Un­ter­tei­lung der Welt in macht­los und mäch­tig un­kri­tisch zu­ge­stimmt. Bei­spiels­wei­se be­ur­teil­te eine Be­frag­te Aus­sa­gen mit ver­schwö­rungs­ideo­lo­gi­schen Be­zü­gen des Rap­pers Sido, die in dem ge­zeig­ten In­ter­view zwi­schen Ali Bu­maye und Sido ge­tä­tigt wur­den, fol­gen­der­ma­ßen:

„Er [Sido] ver­mit­telt einen ver­trau­ens­wür­di­gen Ein­druck. Er wirkt ehr­lich. [...] Mäch­ti­ge Men­schen mei­nen Infos zu haben, die sie ver­brei­ten, die nicht stim­men. Rap­per spre­chen es in ihren Tex­ten an, wich­ti­ge The­men. Sie ver­pa­cken es wahr­heits­ge­treu­er. Die Mäch­ti­gen be­schö­ni­gen es, die Rap­per legen Fak­ten dar, dass es real ist, das ist Tat­sa­che.“

(weib­li­che Be­frag­te, 18 Jahre, Ein­zel­in­ter­view)

Um zu de­fi­nie­ren, bei wel­chen Be­frag­ten es sich um Hörer*innen von Gangsta-​Rap han­delt, wurde auf eine in­di­rek­te Be­stim­mung und auf die Selbst­aus­kunft zu­rück­ge­grif­fen. Zu­nächst wur­den die Teil­neh­mer*innen ge­be­ten, aus einer Liste von Mu­sik­rich­tun­gen die­je­ni­gen aus­zu­wäh­len, die sie gerne hören. Die Mu­sik­rich­tun­gen wur­den ran­do­mi­siert prä­sen­tiert (aus einer Liste von 78 Rap-​per*innen, von denen 55 dem Genre des Gangsta-​Rap zu­zu­ord­nen sind, 9 wer­den zu­min­dest mit Gangsta-​Rap as­so­zi­iert, 14 waren nicht zu­zu­ord­nen). Die Be­frag­ten wur­den schließ­lich als Gangsta-​Rap-Hörer*innen de­fi­niert, wenn sie an­ga­ben, min­des­tens zwei der dem Gangsta-​Rap zu­zu­ord­nen­den Rap­per*innen zu hören und/oder wenn sie an­ga­ben, (sehr) gerne Gangsta-​Rap zu hören. Auf diese Weise wur­den ins­ge­samt 190 Ju­gend­li­che und junge Er­wach­se­ne als Gangsta-​Rap-Hörer*innen de­fi­niert. Be­frag­te, die nicht unter die De­fi­ni­ti­on von Gangsta-​Rap-Hörer*innen fal­len, wur­den als Nicht-​Hörer*innen (im wei­ten Sinne) de­fi­niert (n=310).

Die Er­he­bung in der Ziel­grup­pe der 12- bis 24-​Jährigen (n=500) mit­tels Fra­ge­bo­gen er­gibt, dass Gangsta-​Rap – ent­ge­gen der weit­läu­fi­gen Auf­fas­sung – nicht pri­mär von pre­ka­ri­sier­ten Ju­gend­li­chen kon­su­miert wird. Das So­zi­al­pro­fil (be­mes­sen an einem In­di­ka­tor für den fa­mi­liä­ren Wohl­stand) der Gangsta-​Rap-Hörer*innen ist res­sour­cen­stär­ker als das der Nicht-​Hörer*innen.

Ab­bil­dung 1: Ver­tei­lung von Fa­mi­li­en­wohl­stand bei Gangsta-​Rap-Hörer*innen

Gangsta-​Rap-Hörer*innen sind im Schnitt häu­fi­ger männ­lich. Knapp drei von fünf (58,9%) Gangsta-​Rap-Hörer*innen sind männ­lich, nur rund zwei von fünf (41,1%) sind weib­lich.

Ab­bil­dung 2: Ge­schlech­ter­ver­tei­lung bei Gangsta-​Rap-Hörer*innen

Gangsta-​Rapper wer­den von jun­gen Men­schen als ge­sell­schafts­kri­tisch wahr­ge­nom­men; ein be­deu­ten­der Teil der Ju­gend­li­chen wert­schätzt ihre so­zi­al­kri­ti­schen Äu­ße­run­gen. So gibt ein Vier­tel der Be­frag­ten (26,7%) an, Gangsta-​Rapper wür­den un­be­que­me Wahr­hei­ten aus­spre­chen. Jede*r Drit­te (36,6%) glaubt, dass Gangsta-​Rapper auf wich­ti­ge po­li­ti­sche The­men auf­merk­sam ma­chen. 43,6 Pro­zent der Ju­gend­li­chen nimmt Gangsta-​Rap als Mu­sik­gen­re wahr, in dem Men­schen mit viel Geld und Macht kri­ti­siert wer­den.

Ab­bil­dung 3: Wahr­neh­mung von po­li­ti­schen In­hal­ten im Gangsta-​Rap

Antisemitismus-​Skalen

In den qua­li­ta­ti­ven Grup­pen­dis­kus­sio­nen und Ein­zel­in­ter­views zeig­te sich, dass die meis­ten Be­frag­ten keine Ab­nei­gung ge­gen­über Per­so­nen jü­di­schen Glau­bens haben und auch nur sel­ten Bei­spie­le für klas­si­sche an­ti­se­mi­ti­sche Vor­ur­tei­le nen­nen. Nur ver­ein­zelt be­rich­te­ten Be­frag­te davon, zu­min­dest schon ein­mal von Ver­schwö­rungs­my­then über Jü­din­nen und Juden ge­hört zu haben.

In Bezug auf den is­ra­el­be­zo­ge­nen An­ti­se­mi­tis­mus waren die Re­ak­tio­nen der Ju­gend­li­chen in­ner­halb der Gruppen-​ und Ein­zel­in­ter­views durch Un­wis­sen ge­prägt. Die al­ler­meis­ten Be­frag­ten konn­ten weder den Be­griff „Tel Aviv“ dem Staat Is­ra­el zu­ord­nen, noch waren sie in der Lage, die Flag­ge oder die Lan­des­form Is­ra­els zu er­ken­nen. Is­ra­el­be­zo­ge­ne an­ti­se­mi­ti­sche Ein­stel­lun­gen wur­den wäh­rend der qua­li­ta­ti­ven Be­fra­gung also nicht deut­lich. Diese Er­geb­nis­se ver­än­dern sich wie­der­um in der quan­ti­ta­ti­ven Be­fra­gung, wahr­schein­lich wie in den Aus­sa­gen zu Ras­sis­mus aber­mals durch die An­ony­mi­tät der Be­fra­gung be­dingt.

Be­züg­lich des klas­si­schen An­ti­se­mi­tis­mus gibt eine Min­der­heit der­je­ni­gen Be­frag­ten (9,3%), die sich selbst einer Re­li­gi­ons­ge­mein­schaft zu­ord­nen, an, dass in ihrer Re­li­gi­on davor ge­warnt wird, Men­schen jü­di­schen Glau­bens zu ver­trau­en. Etwa eben­so viele Teil­neh­mer*innen (10,2%) stim­men der Aus­sa­ge zu, dass Jü­din­nen und Juden mehr als an­de­re mit üblen Tricks ar­bei­ten, um das zu er­rei­chen, was sie wol­len. Fast jede*r Zehn­te (9,0%) glaubt au­ßer­dem, dass Jü­din­nen und Juden etwas Be­son­de­res an sich haben und nicht so recht zu ihnen bzw. zur Ge­sell­schaft im All­ge­mei­nen pas­sen. 7,8 Pro­zent sind der An­sicht, dass Men­schen jü­di­schen Glau­bens durch ihr Ver­hal­ten an ihrer Ver­fol­gung mit­schul­dig sind (Ab­bil­dung 2). Der hohe An­teil der „weiß nicht“-​Antworten fällt hier eben­so auf wie Aus­sa­gen, die in be­son­de­rer Weise an­ti­se­mi­ti­schen Ver­schwö­rungs­my­then zu­zu­schrei­ben sind. So mei­nen 12,4 Pro­zent der Be­frag­ten, dass der jü­di­sche Ein­fluss auch heute noch zu groß sei. Rund jede*r Sechs­te (16,5%) ist über­dies der Über­zeu­gung, dass die in­ter­na­tio­na­le Fi­nanz­welt von Jü­din­nen und Juden be­herrscht wird.

Um mög­li­che Kor­re­la­tio­nen von Gangsta-​Rap-Konsum und an­ti­se­mi­ti­schen Ein­stel­lun­gen zu er­mit­teln, wurde zu­nächst die Zu­stim­mung der Gangsta-​Rap-Hörer*innen zu klas­si­schem, se­kun­dä­rem und is­ra­el­be­zo­ge­nen An­ti­se­mi­tis­mus er­ho­ben. Es wurde eine In­dexva­ria­ble An­ti­se­mi­tis­mus aus den Items ge­bil­det, auf deren Grund­la­ge die Be­frag­ten in drei Grup­pen ge­teilt wur­den: sehr an­ti­se­mi­tisch (26,5%), etwas an­ti­se­mi­tisch (37%) sowie nicht an­ti­se­mi­tisch 36,5%).

Ab­bil­dung 2: Klas­si­scher bzw. re­li­giö­ser An­ti­se­mi­tis­mus. Frage: Nun kom­men wir zu wei­te­ren Aus­sa­gen, die man manch­mal hört. Bitte gib auch hier an, in­wie­fern du ihnen zu­stimmst(1). Basis: erste Aus­sa­ge: Be­frag­te die einer Re­li­gi­on an­ge­hö­ren, mit Aus­nah­me von jü­di­schen Be­frag­ten n=364; alle an­de­ren Aus­sa­gen n=500.

1 Die Items sind teil­wei­se aus Krieg et al. 2019 über­nom­men und teil­wei­se daran an­ge­lehnt.

Se­kun­dä­rer An­ti­se­mi­tis­mus äu­ßert sich darin, dass jede*r Zwei­te (50,4%) sich dar­über är­gert, dass den Deut­schen heute noch die NS-​Verbrechen an Jü­din­nen und Juden vor­ge­hal­ten wer­den (Ab­bil­dung 3). Auf der an­de­ren Seite ist fast die Hälf­te (45,8%) trotz­dem der Über­zeu­gung, dass Deutsch­land vor dem Hin­ter­grund der Ge­schich­te des Na­tio­nal­so­zia­lis­mus auch heute noch eine be­son­de­re Ver­ant­wor­tung ge­gen­über dem jü­di­schen Volk hat.

Ab­bil­dung 3: Se­kun­dä­rer An­ti­se­mi­tis­mus. Frage: Bitte gib auch zu die­sen Aus­sa­gen, die man manch­mal hört, an, in­wie­fern du ihnen zu­stimmst(2). Basis: n=500 (alle Be­frag­ten).

2 Die Aus­sa­gen wur­den aus Ha­ge­mann et al. 2015 über­nom­men.

Be­züg­lich des is­ra­el­be­zo­ge­nen An­ti­se­mi­tis­mus ist er­kenn­bar, dass sich die Ju­gend­li­chen – wie be­reits die qua­li­ta­ti­ve Be­fra­gung ge­zeigt hat – kaum Kennt­nis­se über das Land Is­ra­el be­sit­zen. Zwar geben mehr als vier von zehn Be­frag­ten (41,2%) an, dass ihre Mei­nung über Is­ra­el gut sei (be­zo­gen auf die Frage: „Was denkst du ganz all­ge­mein über den Staat Is­ra­el“3), etwa eben­so viele (40%) wähl­ten hier „Weiß nicht“ bzw. mach­ten keine An­ga­be. Dem­entspre­chend gibt auch mehr als ein Drit­tel der Be­frag­ten bei den State­ments zum is­ra­el­be­zo­ge­nen An­ti­se­mi­tis­mus an, die Aus­sa­gen nicht be­ur­tei­len zu kön­nen. Unter den Ju­gend­li­chen und jun­gen Er­wach­se­nen, die sich eine Mei­nung bil­den konn­ten, sind wie­der­um häu­fig an­ti­se­mi­ti­sche Ein­stel­lun­gen zu fin­den.

Rund jede*r Sechs­te (17,4%) gibt an, dass ihm/ihr Jü­din­nen und Juden auf­grund der is­rae­li­schen Po­li­tik immer un­sym­pa­thi­scher wer­den. Mehr als jede*r Vier­te (27,8%) stimmt der Aus­sa­ge zu: ‚Was der Staat Is­ra­el heute mit den Pa­läs­ti­nen­sern macht, ist im Prin­zip nichts an­de­res als das, was die Nazis im Drit­ten Reich mit den Juden ge­macht haben.’“ Dass im Nahen Osten Frie­den herr­schen würde, wenn es den Staat Is­ra­el nicht mehr geben würde, glaubt hin­ge­gen nur jede*r Achte (12,4%) (Ab­bil­dung 4).


3 Die Aus­sa­ge ist an Ha­ge­mann et al. 2015 an­ge­lehnt.

Ab­bil­dung 4: Is­ra­el­be­zo­ge­ner An­ti­se­mi­tis­mus. Frage: Man hört ver­schie­de­ne Aus­sa­gen zum Staat Is­ra­el. Bitte gib an, In­wie­fern du den fol­gen­den zu­stimmst(4). Basis: n=500.

4 Die Aus­sa­gen „Durch die is­rae­li­sche Po­li­tik wer­den mir die Juden immer un­sym­pa­thi­scher.“ Und „Was der Staat Is­ra­el heute mit den Pa­läs­ti­nen­sern macht, ist im Prin­zip nichts an­de­res als das, was die Nazis im Drit­ten Reich mit den Juden ge­macht haben“ sind aus Heyer 2005 über­nom­men.

Antisemitismus-​Determinanten

Um zu ana­ly­sie­ren, ob und in­wie­fern Gangsta-​Rap-Hörer*innen an­ti­se­mi­ti­sche Hal­tun­gen tei­len, wurde zu­nächst die In­dexva­ria­ble An­ti­se­mi­tis­mus aus ins­ge­samt elf State­ments zum klas­si­schen, se­kun­dä­ren und is­ra­el­be­zo­ge­nen An­ti­se­mi­tis­mus er­stellt (Box 1).

Box 1: Aus­sa­gen zur Bil­dung der Index-​Variable "Klas­si­scher An­ti­se­mi­tis­mus". Die Be­frag­ten konn­ten bei jeder der elf Aus­sa­gen zwi­schen den fol­gen­den Ant­wort­mög­lich­kei­ten aus­wäh­len: 1: stim­me voll und ganz zu, 2: stim­me eher zu, 3: stim­me eher nicht zu, 4: stim­me über­haupt nicht zu.

Ent­spre­chend der Ko­die­rung der ein­zel­nen Aus­sa­gen wurde die In­dexva­ria­ble An­ti­se­mi­tis­mus auf einer Skala von 1 bis 4 ko­diert, wobei 1 für „ex­trem an­ti­se­mi­ti­sche Ein­stel­lun­gen“ und 4 für „über­haupt keine an­ti­se­mi­ti­schen Ein­stel­lun­gen“ steht. So er­gibt sich ein Mit­tel­wert pro Per­son, der die Aus­prä­gung der an­ti­se­mi­ti­schen Ein­stel­lun­gen ab­bil­den soll. Um die in­ter­ne Kon­sis­tenz die­ser ein­zel­nen Items zu mes­sen, wurde Cron­bachs Alpha er­mit­telt. Das Er­geb­nis zeigt, dass die Items eine sehr hohe in­ter­ne Kon­sis­tenz auf­wei­sen (Cron­bachs Alpha = 0,902) und daher davon aus­ge­gan­gen wer­den kann, dass sie das glei­che Kon­zept mes­sen. Da je­doch nur die­je­ni­gen Be­frag­ten in die­ser Konsistenz-​Analyse be­rück­sich­tigt wer­den, die bei kei­nem der elf Items „weiß nicht“ oder „keine An­ga­be“ aus­ge­wählt haben, ba­siert diese Re­lia­bi­li­täts­ana­ly­se auf 151 Fäl­len. Für die Bil­dung der In­dexva­ria­ble An­ti­se­mi­tis­mus wur­den alle Be­frag­ten be­rück­sich­tigt, die bei min­des­tens fünf der State­ments va­li­de Werte – also nicht „weiß nicht“ oder „keine An­ga­be“ – aus­ge­wählt haben. Daher sind ins­ge­samt 430 Be­frag­te bei der Regressions-​Analyse be­rück­sich­tigt. Eine wei­te­re li­nea­re Re­gres­si­ons­ana­ly­se wurde durch­ge­führt, um den Zu­sam­men­hang zwi­schen dem Hören von Gangsta-​Rap und an­ti­se­mi­ti­schen Ein­stel­lun­gen zu tes­ten. Dabei wurde die In­dexva­ria­ble An­ti­se­mi­tis­mus als ab­hän­gi­ge Va­ria­ble und das Hören von Gangsta-​Rap als un­ab­hän­gi­ge Va­ria­ble ein­ge­setzt. Dies wurde ge­macht, um zu prü­fen, ob ein nach­weis­ba­rer Zu­sam­men­hang zwi­schen Hör­ge­wohn­hei­ten und an­ti­se­mi­ti­schen Res­sen­ti­ments auf­ge­zeigt wer­den kann

Ba­sie­rend auf der In­dexva­ria­ble An­ti­se­mi­tis­mus wur­den die Be­frag­ten in drei Grup­pen un­ter­teilt. Unter Grup­pe 1 fal­len dabei Be­frag­te mit einem Antisemitismus-​Score zwi­schen 1 und 2,9, die damit als sehr an­ti­se­mi­tisch ein­ge­stuft wer­den. Grup­pe 2 ma­chen Be­frag­te mit einem Score zwi­schen 2,9001 und 3,5 aus, die damit als etwas an­ti­se­mi­tisch an­ge­se­hen wer­den. Be­frag­te mit einem Score zwi­schen 3,5001 und 4 bil­den Grup­pe 3 und wer­den als nicht an­ti­se­mi­tisch ein­ge­stuft (Ab­bil­dung 9).

Ab­bil­dung 9: Ver­tei­lung An­ti­se­mi­tis­mus­grup­pen. Dar­stel­lung in Pro­zent. Basis: Be­frag­te, die bei 5 der 11 An­ti­se­mi­tis­mus State­ments nicht „weiß nicht“ oder „keine An­ga­be“ ge­wählt haben (n = 430).

In­dexva­ria­ble An­ti­se­mi­tis­mus

Die Er­geb­nis­se einer li­nea­ren Re­gres­si­ons­ana­ly­se zei­gen, dass es einen di­rek­ten Zu­sam­men­hang zwi­schen dem Kon­sum von Gangsta-​Rap und an­ti­se­mi­ti­schen Ein­stel­lun­gen gibt. Gangsta-​Rap-Hörer*innen nei­gen im Durch­schnitt häu­fi­ger dazu, an­ti­se­mi­ti­schen Ein­stel­lun­gen zu ver­tre­ten. Auch wenn dem Model wei­te­re Va­ria­blen zu­ge­fügt wer­den, um ihren Ein­fluss zu kon­trol­lie­ren, bleibt der Ef­fekt zwi­schen Gangsta-​Rap-Konsum und an­ti­se­mi­ti­schen Ein­stel­lun­gen si­gni­fi­kant

Aus den vor­lie­gen­den Daten kön­nen keine Schlüs­se be­züg­lich des Kau­sal­ver­hält­nis­ses zwi­schen Gangsta-​Rap-Konsum und an­ti­se­mi­ti­schen Ein­stel­lun­gen ge­zo­gen wer­den. Es ist nicht ein­deu­tig, ob das Hören von Gangsta-​Rap zu an­ti­se­mi­ti­schen Ein­stel­lun­gen führt, ob Men­schen, die ge­ne­rell eher an­ti­se­mi­tisch ein­ge­stellt sind, lie­ber Gangsta-​Rap hören, oder ob sich diese zwei Fak­to­ren ge­gen­sei­tig be­din­gen.

Die Er­geb­nis­se der Stu­die zei­gen, dass es einen di­rek­ten Zu­sam­men­hang zwi­schen dem Kon­sum von Gangsta-​Rap und an­ti­se­mi­ti­schen Ein­stel­lun­gen gibt: Gangsta-​Rap-Hörer*innen nei­gen im Durch­schnitt häu­fi­ger dazu, an­ti­se­mi­ti­sche Ein­stel­lun­gen zu ver­tre­ten. So geben 81,4 Pro­zent der sehr an­ti­se­mi­ti­schen Grup­pe an, sehr gerne oder gerne Gangsta-​Rap zu hören, wäh­rend nur knapp ein Drit­tel (31,3 %) der etwas an­ti­se­mi­ti­schen Grup­pe und knapp die Hälf­te (48,9%) der nicht an­ti­se­mi­ti­schen Grup­pe (sehr) gerne Gangsta-​Rap hört.

Ab­bil­dung 5: Gangsta-​Rap-Konsum nach An­ti­se­mi­tis­mus­grup­pen | Frage: Wür­dest du sagen, dass du gerne so­ge­nann­ten „Gangsta-​Rap“ hörst? (Dar­stel­lung in Pro­zent)

Mit Blick auf an­ti­se­mi­ti­sche Ein­stel­lun­gen der Gangsta-​Rap-Hörer*innen zei­gen sich Un­ter­schie­de ent­lang der Va­ria­blen Alter, Ge­schlecht und Bil­dungs­weg. So ist die Grup­pe der sehr an­ti­se­mi­tisch ein­ge­stell­ten Gangsta-​Rap-Hörer*innen ten­den­zi­ell jün­ger als die der nicht an­ti­se­mi­tisch ein­ge­stell­ten Gangsta-​Rap-Hörer*innen. So sind 79,7 Pro­zent der sehr an­ti­se­mi­ti­schen Grup­pe zwi­schen 12 und 18 Jah­ren alt, wäh­rend im Ver­gleich dazu 70,1 Pro­zent der etwas an­ti­se­mi­ti­schen und 72,3 Pro­zent der nicht an­ti­se­mi­ti­schen Grup­pe die­ser Al­ters­ka­te­go­rie zu­zu­ord­nen sind.

Zudem sind an­ti­se­mi­ti­sche Gangsta-​Rap-Hörer*innen häu­fi­ger männ­lich. 76,3 Pro­zent der sehr an­ti­se­mi­ti­schen Grup­pe sind männ­lich, aber nur 48,9 Pro­zent der nicht an­ti­se­mi­ti­schen Grup­pe.

Ab­bil­dung 6: Gangsta-​Rap-Hörer*innen, Ge­schlech­ter­ver­tei­lung der An­ti­se­mi­tis­mus­grup­pen

In Bezug auf die Va­ria­ble Bil­dung zeigt sich, dass sehr an­ti­se­mi­tisch ein­ge­stell­te Hörer*innen häu­fi­ger einen nicht-​gymnasialen Bil­dungs­weg ver­fol­gen oder ver­folgt haben. Der Ef­fekt ist schwach (,152), kann aber als Ten­denz in­ter­pre­tiert wer­den.

Nicht nur bei an­ti­se­mi­ti­schen, son­dern auch bei misoy­g­nen/chau­vi­nis­ti­schen Ein­stel­lun­gen lässt sich ein Zu­sam­men­hang mit dem Hören von Gangsta-​Rap er­ken­nen: Gangsta-​Rap-Hörer*innen sind im Schnitt chau­vi­nis­ti­scher ein­ge­stellt als Nicht-​Hörer*innen. Die­ser Ef­fekt bleibt si­gni­fi­kant, wenn wei­te­re Va­ria­blen zur Kon­trol­le her­an­ge­zo­gen wer­den (siehe Ta­bel­le). Neben dem Hören von Gangsta-​Rap sind auch ei­ni­ge wei­te­re Kon­troll­va­ria­blen si­gni­fi­kant. Männ­lich zu sein hat mit -,352 den stärks­ten Ef­fekt in die­sem Mo­dell und ist damit noch grö­ßer als der Ef­fekt des Gangsta-​Rap-Hörens. Au­ßer­dem sind Be­frag­te, die einen gym­na­sia­len Bil­dungs­weg haben, im Schnitt we­ni­ger frau­en­feind­lich ein­ge­stellt. Die Merk­ma­le Wohn­orts­grö­ße und Fa­mi­li­en­wohl­stand sind er­neut nicht si­gni­fi­kant. Wird Model 2b be­trach­tet, bei dem auch die Kon­troll­va­ria­blen be­rück­sich­tigt wer­den, er­klärt das Mo­dell 14,4 Pro­zent der Va­ria­ti­on in der un­ab­hän­gi­gen Va­ria­ble.

Auch hier muss wie­der be­rück­sich­tigt wer­den, dass die Er­geb­nis­se zwar einen di­rek­ten Zu­sam­men­hang zwi­schen dem Hören von Gangsta-​Rap und chau­vi­nis­ti­schen Ein­stel­lun­gen zei­gen, aber die Art des kau­sa­len Zu­sam­men­hangs nicht er­klärt wer­den kann.

Ta­bel­le: Li­nea­re Re­gres­si­ons­mo­del­le "Chau­vi­nis­ti­sche Ein­stel­lun­gen"

Auch der Zu­sam­men Zu­sam­men­hang zwi­schen dem Hören von Gangsta-​Rap und aus­län­der­feind­li­chen bzw. ras­sis­ti­schen Ein­stel­lun­gen wurde un­ter­sucht. Die ein­zel­nen State­ments, die das Kon­zept Ras­sis­mus/ Xe­no­pho­bie mes­sen, wei­sen eine hohe in­ter­ne Kon­sis­tenz auf (Cron­bachs Alpha = 0,916). Eine Re­gres­si­ons­ana­ly­se ergab je­doch, dass es ba­sie­rend auf den er­ho­be­nen Daten kei­ner­lei Zu­sam­men­hang zwi­schen dem Kon­sum von Gangsta-​Rap und ras­sis­ti­schen Ein­stel­lun­gen gibt. Diese Er­geb­nis­se blei­ben auch be­stehen, wenn die Ant­wor­ten zu is­lam­feind­li­chen Aus­sa­gen aus der Ana­ly­se aus­ge­schlos­sen wer­den.

Trotz der mess­ba­ren Be­deu­tung des Bil­dungs­gra­des und des fa­mi­liä­ren Wohl­stands ist der ar­ti­ku­lier­te An­ti­se­mi­tis­mus nicht nur das Pro­blem einer iso­lier­ba­ren, pre­ka­ri­sier­ten Grup­pe unter den Ju­gend­li­chen. Die Wahr­schein­lich­keit für an­ti­se­mi­ti­sche Hal­tun­gen bleibt in allen ge­sell­schaft­li­chen Grup­pen hoch. Zwar konn­ten An­spie­lun­gen auf an­ti­se­mi­ti­sche und/oder is­rael­feind­li­che Ver­schwö­rungs­er­zäh­lun­gen in den prä­sen­tier­ten Mu­sik­vi­de­os und Lie­dern sel­ten de­chif­friert wer­den, al­ler­dings wird ge­sell­schafts­kri­ti­schen Aus­sa­gen von Gangsta-​Rapper*innen ein hohes Maß an Au­then­ti­zi­tät und Plau­si­bi­li­tät zu­ge­schrie­ben. Zudem zeigt sich, dass die Be­frag­ten ma­nichäi­sche Ge­sell­schafts­vor­stel­lun­gen ver­tre­ten. Jene Welt­deu­tungs­mus­ter, wel­che die so­zia­le Um­welt ent­lang di­cho­to­mer Ka­te­go­rien (wie etwa gut/böse, oben/unten, Freund/Feind) ein­tei­len, kön­nen als Schar­nier zur Res­sen­ti­ment­bil­dung fun­gie­ren.

Li­te­ra­tur

  • Ador­no, T. W. (1964). Be­kämp­fung des An­ti­se­mi­tis­mus heute. In: Das Ar­gu­ment, 6(29), 88-​104.

  • Baier, Jakob (2019): Die Echo-​Debatte: An­ti­se­mi­tis­mus im Rap. In Sa­mu­el Salz­born (Hrsg.): An­ti­se­mi­tis­mus seit 9/11. Er­eig­nis­se, De­bat­ten, Kon­tro­ver­sen. Baden Baden: Nomos. 108 - 131.

  • Pfaff, Ni­col­le (2006): Ju­gend­kul­tur und Po­li­ti­sie­rung. Eine mul­ti­me­tho­di­sche Stu­die zur Ent­wick­lung po­li­ti­scher Ori­en­tie­run­gen im Ju­gend­al­ter. Wies­ba­den: Sprin­ger VS.

  • Salz­born, S., Kurth, A. (2019). An­ti­se­mi­tis­mus in der Schu­le. Er­kennt­nis­stand und Hand­lungs­per­spek­ti­ven. Wis­sen­schaft­li­ches Gut­ach­ten. Zu­griff am 09.12.2020 unter https://tu-​berlin.de/fi­lead­min/i65/Do­ku­men­te/Antisemitismus-​Schule.pdf

  • Schnei­der H., Beusch H., Bor­sa­li­no G., Gons­ka H.-H., Os­ter­mil­ler J. (2020). Kri­mi­na­li­tät, Recht und Jus­tiz in den Tex­ten des deutsch­spra­chi­gen Gangster-​Raps. Genre mit straf­recht­li­chem Ge­fähr­dungs­po­ten­ti­al? in: NK Neue Kri­mi­nal­po­li­tik, Seite 57 – 74, NK, Jahr­gang 32 (2020), Heft 1.

  • See­li­ger, Mar­tin (2021): So­zio­lo­gie des Gangsta-​Rap. Pop­kul­tur als Aus­druck so­zia­ler Kon­flik­te. Wein­heim: Beltz.

  • Süß, Heidi (2021): Eine Szene im Wan­del? Rap-​Männlichkeiten zwi­schen Tra­di­ti­on und Trans­for­ma­ti­on. Frank­furt am Main: Cam­pus Ver­lag.

  • Us­lucan, Haci-​Halil (2012): Fa­mi­lia­le Ein­fluss­fak­to­ren auf de­lin­quen­tes Ver­hal­ten Ju­gend­li­cher. Aus Po­li­tik und Zeit­ge­schich­te (APuZ), 49 – 50, S. 22 – 27.

Die fol­gen­den Prä­ven­ti­ons­emp­feh­lun­gen wer­den im wei­te­ren Pro­jekt­ver­lauf mit Ak­teu­ren der Zi­vil­ge­sell­schaft und dem Bil­dungs­sek­tor dis­ku­tiert und wei­ter­ent­wi­ckelt.

An­ti­se­mi­tis­mus wird von Dis­kri­mi­nie­rung und Vor­ur­tei­len häu­fig da­durch ab­ge­grenzt, dass An­ti­se­mi­tis­mus eine Welt­an­schau­ung be­inhal­tet und da­durch stär­ker struk­tu­riert und dau­er­haft auf­tritt. Als dau­er­haf­te Struk­tur so­wohl als in­di­vi­du­el­les Dis­po­si­ti­ons­sys­tem der Men­schen als auch als Merk­mal einer ge­sell­schaft­li­chen Doxa oder, in einer an­de­ren Theo­rie­spra­che, eines Dis­po­si­tivs. Hinzu tritt die his­to­ri­sche Dauer und re­la­ti­ve Sta­bi­li­tät des An­ti­se­mi­tis­mus, die ihn sogar schon vor dem Chris­ten­tum zu einem ty­pi­schen Mus­ter der Aus­gren­zung, Ver­fol­gung und Er­mor­dung wer­den ließ. Nur we­ni­ge Mi­no­ri­tä­ten haben ein ähn­li­ches ‚Ver­fol­gungs­mus­ter‘, das mit an­näh­rend lan­ger Dauer sta­bil ge­blie­ben ist und dabei auch noch im Zeit­al­ter des Fa­schis­mus im 20. Jahr­hun­dert so ex­po­niert wer­den konn­te.

Es ist be­mer­kens­wert, dass in Deutsch­land im Jahr 2020 Prä­ven­ti­ons­maß­nah­men gegen An­ti­se­mi­tis­mus ge­for­dert wer­den müs­sen. Es muss darum in­iti­al ge­fragt wer­den, ob bis­he­ri­ge Maß­nah­men viel­leicht gar nicht zur Ver­hin­de­rung bei­tra­gen konn­ten. Dien­ten bis­he­ri­ge Ver­su­che der Prä­ven­ti­on viel­leicht sogar als Steig­bü­gel für An­ti­se­mi­tis­mus, weil damit na­he­ge­legt wird, dass an­ti­se­mi­ti­sche Res­sen­ti­ments eine Grund­la­ge haben? Vor über 50 Jah­ren wurde des­we­gen pos­tu­liert: „Es wird so­zu­sa­gen ge­ra­de aus dem öf­fent­li­chen Tabu über den An­ti­se­mi­tis­mus ein Ar­gu­ment für den An­ti­se­mi­tis­mus ge­macht, denn, wenn man nichts gegen die Juden sagen darf, dann läuft die as­so­zia­ti­ve Logik wei­ter in der Weise: daß an dem, was man gegen sie sagen könn­te, auch schon etwas daran sei.“ (Ador­no 1964, 94) Heute exis­tiert zwei­fel­los be­reits ein neues Mus­ter, das von An­ti­se­mi­ten ver­wen­det wird. Die­ses lebt von der Deu­tung, dass Juden selbst dar­über wa­chen, wer wen als An­ti­se­mi­ten de­fi­nie­ren darf. Sogar die Ein­rich­tung von An­ti­se­mi­tis­mus­be­auf­trag­ten in jedem deut­schen Bun­des­land könn­te in die­sem Sinne für die einen als Be­ru­hi­gung und für die an­de­ren als Be­stä­ti­gung jenes „Ge­rüch­tes über die Juden“ (Ador­no) gel­ten.

Es muss davon aus­ge­gan­gen wer­den, dass sinn­vol­le Prä­ven­ti­ons­maß­nah­men auf meh­re­ren Ebe­nen an­set­zen und nicht nur For­men der Wis­sens­ver­mitt­lung, son­dern vor allem einen Zu­gang zu dem In­nen­le­ben der Men­schen mit an­ti­se­mi­ti­schen Res­sen­ti­ments be­inhal­ten müs­sen. Dass heute immer noch wenig Er­fah­run­gen mit Prä­ven­ti­on vor­lie­gen (über­ra­schen­der­wei­se nicht ein­mal in in­ter­na­tio­na­ler Hin­sicht), ist dafür ein be­un­ru­hi­gen­des Zei­chen. Re­flek­tier­te Pra­xis wird über­la­gert von Ad-​hoc-Maßnahmen. Die meis­ten theo­re­ti­schen Mo­del­le zur Er­klä­rung von An­ti­se­mi­tis­mus sind alt. Zudem legen sie einen Wirk­me­cha­nis­mus nahe, nach dem An­sät­ze der Bil­dungs­ar­beit wahr­schein­lich kaum Ef­fek­te auf die Ver­rin­ge­rung von an­ti­se­mi­ti­schen Ten­den­zen haben wer­den.

Für die wei­te­re Dis­kus­si­on ist lei­tend, dass kon­kre­te Hand­lungs­maß­nah­men in den Blick ge­nom­men wer­den müs­sen. Gleich­zei­tig muss es mög­lich wer­den, Ko­ali­tio­nen her­zu­stel­len und Be­rei­che der Prä­ven­ti­on zu er­schlie­ßen, die weit über die Auf­ga­be der Wis­sens­ver­mitt­lung hin­aus­ge­hen. In die­sem Sinne sind die fol­gen­den sechs Emp­feh­lun­gen mit einem engen und einem wei­te­ren Ra­di­us zu ver­ste­hen.

Emp­feh­lung 1_Die Sen­si­bi­li­tät ge­gen­über In­ter­pre­ten, In­hal­ten und Selbst­prä­sen­ta­tio­nen im Gangsta-​Rap muss er­höht wer­den

Warum ist das wich­tig? Die Of­fen­heit ge­gen­über an­ti­se­mi­ti­schen Res­sen­ti­ments trennt ei­ni­ge In­ter­pre­ten von ihren Hörer*innen. Dies hat auch etwas damit zu tun, dass sich das mu­si­ka­li­sche Mi­lieu in einer be­son­de­ren Si­tua­ti­on be­fin­det. Ge­ra­de Kon­text­fak­to­ren, in die viele Mu­si­ker ein­ge­bet­tet sind, be­för­dern Struk­tu­ren der Aus­gren­zung, Ra­di­ka­li­sie­rung, Miso­gy­nie und des An­ti­se­mi­tis­mus. Hier spielt der oft so be­zeich­ne­te „Rü­cken“ eine be­son­de­re Rolle, weil in Schutz-​ und Clan­struk­tu­ren im Hin­ter­grund der Rap­per*innen an­ti­se­mi­ti­sche Res­sen­ti­ments deut­lich in­ten­si­ver ar­ti­ku­liert wer­den und dort als Ver­ge­sell­schaf­tungs­me­di­um die­nen. Hier lässt sich von einer Schwel­le spre­chen, die tem­po­rär noch als Schutz dient, weil in der mu­si­ka­li­schen Szene selbst mehr an­ti­se­mi­ti­sche Res­sen­ti­ments exis­tie­ren als von den meis­ten Hörer*innen wahr­ge­nom­men wird. Über die Halb­werts­zeit einer sol­chen Schutz­schwel­le lässt sich aber wenig sagen, wenn immer mehr Ak­zep­tanz an­ti­se­mi­ti­scher In­hal­te deren Os­mo­se in das Feld der kul­tu­rel­len Pro­duk­ti­on zu­lässt.

Was ist zu tun? Die Mu­sik­in­dus­trie in Form der Mu­si­ker­ver­an­stal­ter, der Pro­mo­ter und La­bels, auch die Ra­dio­sen­der und Strea­ming­diens­te müs­sen in die Dis­kus­si­on ein­be­zo­gen und für die men­schen­feind­li­chen In­hal­te der Künst­ler sen­si­bi­li­siert und für deren Ver­brei­tung ver­ant­wort­lich ge­macht wer­den. Vor allem, wenn es sich um straf­rechts­re­le­van­te In­hal­te han­delt (vgl. Schnei­der et al. 2020). Hier geht es so­wohl darum ein Be­wusst­sein für die Pro­ble­ma­tik zu schaf­fen, die allzu lange mit dem Hin­weis bei­sei­te­ge­scho­ben wurde, dass es sich beim Rap um eine Kunst­form han­delt. Zudem geht es darum, die Kon­se­quen­zen für Image und Um­satz auf­zu­zei­gen, die dro­hen kön­nen. Denn es han­delt sich um eine In­dus­trie, die sich bis heute wei­gert, das ab­so­lu­te Mi­ni­mum dafür zu tun, um die Dis­se­mi­na­ti­on men­schen­feind­li­cher In­hal­te zu be­gren­zen. Der po­li­ti­sche Druck kann nicht gegen die Künst­ler auf­ge­baut wer­den, die eine Aus­ein­an­der­set­zung mit ihren Kri­ti­ker*innen nur ge­win­nen kön­nen. Viel­mehr gilt es po­li­ti­schen Druck auf jenes Um­feld auf­zu­bau­en, dass an der Pro­duk­ti­on, Ver­mark­tung und Ver­trieb ver­dient.

Emp­feh­lung 2_Präventionsmaßnahmen müs­sen für un­ter­schied­li­che Set­tings und un­ter­schied­li­che Ziel­grup­pen er­ar­bei­tet wer­den

Warum ist das wich­tig? Al­bert Scherr und Bar­ba­ra Schäub­le (2006) haben früh dar­auf hin­ge­wie­sen, dass eine Ver­ein­heit­li­chung un­ter­schied­li­cher Phä­no­me­ne des An­ti­se­mi­tis­mus schon unter Ju­gend­li­chen in die Irre führt. Sie spre­chen be­wusst von un­ter­scheid­ba­ren An­ti­se­mi­tis­men und mei­nen damit die Auf­fä­che­rung der Aus­drucks­for­men von An­ti­se­mi­tis­mus, dif­fe­ren­te Mus­ter der Ag­gres­si­on und Ge­walt sowie un­ter­schied­li­che Ätio­lo­gien und Mög­lich­kei­ten der In­ter­ven­ti­on. Diese Un­ter­schie­de ma­chen Pra­xis­per­spek­ti­ven viel­fäl­tig. Sie be­tref­fen un­ter­schied­li­che Al­ters­grup­pen, kul­tu­rel­le und eth­ni­sche Hin­ter­grün­de, wis­sen­den und un­wis­sen­den An­ti­se­mi­tis­mus. Scherr und Schäub­le dif­fe­ren­zie­ren bei­spiels­wei­se „An­ti­se­mi­tis­mus als Ideo­lo­gie“ (als ex­pli­zi­tes und mit dem An­spruch auf in­ne­re Kon­sis­tenz ver­bun­de­nes Ge­dan­ken­ge­bäu­de), die „Ver­wen­dung ein­zel­ner an­ti­se­mi­ti­scher Topoi und Ste­reo­ty­pe“ (an­ti­se­mi­ti­sche Frag­men­te), „an­ti­se­mi­tisch be­wert­ba­re Aus­sa­gen, die auf ver­brei­te­te Ste­reo­ty­pe re­kur­rie­ren oder ju­gend­kul­tu­rel­le bzw. sub­kul­tu­rel­le Rhe­to­ri­ken, in denen an­ti­se­mi­ti­sche Aus­sa­gen nicht oder nicht pri­mär eine Hal­tung ge­gen­über Juden zum Aus­druck brin­gen“ sowie einen An­ti­se­mi­tis­mus „im Sinne einer Kennt­nis tra­dier­ter Ste­reo­ty­pe und Vor­ur­tei­le“, die „durch fa­mi­lia­le Tra­die­run­gen, schu­li­schen Un­ter­richt über Ju­den­tum und An­ti­se­mi­tis­mus sowie me­dia­le Dar­stel­lun­gen er­wor­ben“ wer­den (Scherr/Schäub­le 2006, 12f.).

Was ist zu tun? Aus­sa­gen über die rich­ti­ge, also nach­hal­tig wir­kungs­vol­le Prä­ven­ti­on von An­ti­se­mi­tis­mus, las­sen sich bis heute nur be­grenzt ma­chen. Es gibt kaum ver­gleich­ba­re For­schung zu den Wir­kun­gen von Bil­dungs­pro­gram­men. Hinzu kommt, dass die Prä­ven­ti­on von An­ti­se­mi­tis­mus so­wohl am Wis­sen als auch den Emo­tio­nen der Teil­neh­men­den an­set­zen muss. Auch wenn dies 75 Jah­ren nach Ende des Zwei­ten Welt­krie­ges tri­vi­al er­schei­nen mag, ist das Ziel eine Ver­net­zung von Ex­pert*innen im Feld der frei­en Ju­gend­ar­beit, der schu­li­schen Ar­beit, der Kul­tus­mi­nis­te­ri­en, Ge­denk­stät­ten, jü­di­scher, mus­li­mi­scher und christ­li­cher Ver­bän­de und wei­te­rer Sta­ke­hol­der im Feld. Bil­dungs­ma­te­ria­li­en müs­sen für un­ter­schied­li­che Ziel­grup­pen, für in un­ter­schied­li­cher Hin­sicht di­ver­se Ziel­grup­pen und für dif­fe­ren­te Kon­tex­te er­ar­bei­tet wer­den. Tea­mer*innen, Leh­rer*innen und So­zi­al­ar­bei­ter*innen müs­sen für die The­ma­tik sen­si­bi­li­siert und Wissen-​ und So­zi­al­kom­pe­ten­zen müs­sen ge­schult wer­den, die einen qua­li­fi­zier­ten Um­gang mit An­ti­se­mi­tis­mus er­mög­li­chen. Dazu ge­hört auch die Re­fle­xi­on der ei­ge­nen Rolle und die Aus­bil­dung einer Hal­tung zum An­ti­se­mi­tis­mus, die die­sen nicht als das Pro­blem der Juden und Jü­din­nen zu be­grei­fen, son­dern als ge­sell­schaft­li­che Pro­blem des­sen Adres­sie­rung pri­mär der nicht-​jüdischen Mehr­heits­ge­sell­schaft ob­liegt.

Emp­feh­lung 3_ Wir­kun­gen müs­sen be­ob­ach­tet, die Ju­gend­li­chen und ihre Peer­groups müs­sen ein­be­zo­gen wer­den

Warum ist das wich­tig? Der Psy­cho­lo­ge und Mi­gra­ti­ons­for­scher Haci Halil Us­lucan macht dar­auf auf­merk­sam, dass Präventions-​ und In­ter­ven­ti­ons­maß­nah­men nicht immer die ge­wünsch­ten Wir­kun­gen zei­gen (2012, 16f.). Us­lucan macht das an Pro­gram­men deut­lich, die ge­walt­tä­ti­ge Ju­gend­li­che adres­sie­ren. Es ist, so Us­lucan, „vorab zu klä­ren, ob diese von ihrer In­ten­ti­on lo­bens­wer­ten Maß­nah­men auch immer die er­wünsch­ten Ef­fek­te zei­ti­gen. Denn in be­stimm­ten Kon­stel­la­tio­nen kön­nen In­ter­ven­tio­nen sogar Ge­walt stei­gern. Ins­be­son­de­re bei so­ge­nann­ten high-​risk youths, Ju­gend­li­che mit einem hohen Ge­fähr­dungs­po­ten­zi­al, kön­nen Grup­pen­trai­nings­maß­nah­men eher kon­tra­pro­duk­ti­ve Ef­fek­te ent­fal­ten, wenn diese Ju­gend­li­chen in einem post­pu­ber­tä­ren Alter sind. Zu­rück­ge­führt wird die­ser Ef­fekt auf ne­ga­ti­ve Ver­stär­ker, die von der Peer­group aus­ge­hen: Der Ein­fluss Gleich­alt­ri­ger war dabei etwa neun Mal stär­ker als bei­spiels­wei­se der von Er­wach­se­nen.“ Was Us­lucan hier für die Ge­walt­prä­ven­ti­on auf­zeigt, ist in der For­schung zu den er­wünsch­ten und un­er­wünsch­ten Wir­kun­gen von Pra­xis­in­ter­ven­tio­nen ein be­kann­tes Phä­no­men.

Was ist zu tun? Bil­dungs­pro­gram­me zur Aus­ein­an­der­set­zung sind häu­fig theo­rie­las­tig, zie­len auf his­to­ri­sches Ler­nen und auf die Ver­mitt­lung von Kennt­nis­sen über An­ti­se­mi­tis­mus. Damit sind sie zu­gleich auf eine bil­dungs­af­fi­ne Ziel­grup­pe zu­ge­schnit­ten. Es wäre zu prü­fen, ob die Ent­wick­lung par­ti­zi­pa­ti­ver Pro­gram­me, die nicht für Ju­gend­li­che son­dern mit Ju­gend­li­chen zu­sam­men ent­wi­ckelt wer­den, neue Wege in der Prä­ven­ti­on von An­ti­se­mi­tis­mus schaf­fen kann. Sol­che Pro­gram­me könn­ten dann auch ver­gleich­ba­ren Ziel­grup­pen einen nied­rig­schwel­li­gen Ein­stieg in ein Thema er­lau­ben, das von vie­len ju­gend­li­chen Le­bens­wel­ten in der Form, in der es öf­fent­lich dis­ku­tiert wird, weit ent­fernt ist. Ziel sol­cher Pro­gram­me müss­te es sein die eta­blier­ten Bil­der von Juden, Ju­den­tum und Is­ra­el in einer für Ju­gend­li­che ver­ständ­li­chen Form und in von die­sen be­nutz­ten Me­di­en zu ir­ri­tie­ren. Der Vor­stel­lung, dass es sich bei An­ti­se­mi­tis­mus um eine Art kri­ti­sches Geheim-​ und Spe­zi­al­wis­sen han­delt, kann auf die­sem Weg ent­ge­gen­ge­ar­bei­tet wer­den.

Emp­feh­lung 4_Verschwörungsideologien müs­sen his­to­ri­siert und wi­der­legt wer­den

Warum ist das wich­tig? Es exis­tiert eine Art Ver­knüp­fung zwi­schen dem se­kun­dä­ren und einem is­ra­el­be­zo­ge­nen An­ti­se­mi­tis­mus (Bern­stein 2021), die nicht nur in po­pu­lis­ti­schen und rechts­ex­tre­men Krei­sen vor­ge­nom­men wird. Viele po­li­ti­sche Grup­pen (auch im lin­ken po­li­ti­schen Spek­trum) neh­men sich als ge­sell­schaft­li­che Mi­no­ri­tät und ta­bu­bre­chend wahr. Hier geht es nicht um wil­lent­li­che Ko­ali­tio­nen zwi­schen lin­kem und rech­tem An­ti­se­mi­tis­mus, son­dern über ideo­lo­gi­sche Schnitt­men­ge die der po­li­ti­schen Selbst­ver­or­tung der Ak­teu­re oft­mals ent­ge­gen­ste­hen. Ge­ra­de da­durch aber, dass es eher un­be­merk­te und un­vor­sich­ti­ge Par­al­le­len sind, ist diese Wei­ter­ent­wick­lung eines re­la­tiv ba­na­len Mus­ters der Re­la­ti­vie­rung be­son­ders pro­ble­ma­tisch. Die Ver­mi­schung von Anti-​Amerikanismus, Anti-​Imperialismus und Anti-​Zionismus ist eine ge­bräuch­li­che Head­line im Den­ken vie­ler Men­schen ge­wor­den, die da­durch eine Art re­bel­li­schen, wi­der­stän­di­gen Ges­tus do­ku­men­tie­ren, der jetzt in den Mi­lieus der tech­ni­schen Bil­dung auf­taucht und längst nicht mehr in den ab­ge­dräng­ten und pre­ka­ri­sier­ten Grup­pen al­lein.

Was ist zu tun? Die Auf­klä­rung über den Na­tio­nal­so­zia­lis­mus und den Ho­lo­caust hat sich als nicht aus­rei­chend er­wie­sen, um den An­ti­se­mi­tis­mus er­folg­reich zu­rück­zu­drän­gen. Eine Ver­ur­tei­lung der his­to­ri­schen Ver­bre­chen gegen Jü­din­nen und Juden kann zu­sam­men mit an­ti­se­mi­ti­schen Hal­tun­gen und Über­zeu­gun­gen be­stehen. Einer der Grün­de hier­für ist, dass ins­be­son­de­re der Schuldabwehr-​ und is­ra­el­be­zo­ge­ne An­ti­se­mi­tis­mus in Dis­kur­se ein­ge­bun­den sind, die sie nicht als Res­sen­ti­ment, son­dern ge­ra­de­zu als mo­ra­li­sche und als re­bel­li­sche, gegen mäch­ti­ge In­sti­tu­tio­nen ge­rich­te­te Hal­tun­gen ver­ste­hen. Sie sind zu­gleich an di­ver­se welt­an­schau­li­che und re­li­giö­se Kon­tex­te an­schluss­fä­hig ist und äu­ßern sich in den letz­ten Jah­ren ver­stärkt im Kon­text von Ver­schwö­rungs­theo­rien. Im Be­reich Schu­le muss auf diese stän­di­ge Ak­tua­li­sie­rung des An­ti­se­mi­tis­mus re­agiert wer­den, indem nicht nur nor­ma­tiv gegen An­ti­se­mi­tis­mus ar­gu­men­tiert, son­dern re­fle­xiv über den An­ti­se­mi­tis­mus auf­ge­klärt wird. Es be­darf der Ver­mitt­lung von ko­gni­ti­ven Wis­sens­in­hal­ten, die junge Men­schen dazu be­fä­hi­gen An­ti­se­mi­tis­mus auch dort als sol­chen zu er­ken­nen und be­grün­det zu­rück­zu­wei­sen, wo er sich als mo­ra­li­sche Hal­tung und in co­dier­ten und sub­ti­len For­men auf­tritt.

Emp­feh­lung 5_Antisemitismusprävention muss Teil der Leh­rer*in­nen­aus­bil­dung wer­den

Warum ist das wich­tig? Fach­wis­sen­schaft­li­che Kennt­nis­se und di­dak­ti­sche Ex­per­ti­se sind zen­tra­le Grund­pfei­ler eines er­folg­rei­chen Schul­un­ter­richts. In­so­fern soll­ten Maß­nah­men, die auf die Eta­blie­rung prä­ven­ti­ver Struk­tu­ren im schu­li­schen Be­reich ab­zie­len, die Leh­rer*in­nen­aus­bil­dung in den Blick neh­men. Ge­ra­de auch mit Blick auf die An­ti­se­mi­tis­musprä­ven­ti­on müs­sen Leh­rer*innen be­reits im Stu­di­um grund­le­gen­de Er­kennt­nis­se aus dem Be­reich der An­ti­se­mi­tis­mus­for­schung er­wer­ben.

Was ist zu tun? (A) Zu den grund­le­gen­den Er­kennt­nis­sen im Be­reich der An­ti­se­mi­tis­musprä­ven­ti­on ge­hört Grund­wis­sen über die his­to­ri­schen Ent­ste­hungs­kon­tex­te der un­ter­schied­li­chen Er­schei­nungs­for­men des An­ti­se­mi­tis­mus und ihrer po­li­ti­schen Be­deu­tung in un­ter­schied­li­chen zeit­his­to­ri­schen Pha­sen ge­sell­schaft­li­cher Wand­lungs­pro­zes­se.

(B) Zum an­de­ren müs­sen an­ge­hen­de Lehr­kräf­te Kennt­nis­se über die so­zi­al­psy­cho­lo­gi­sche Wir­kungs­wei­se an­ti­se­mi­ti­scher und ver­schwö­rungs­ideo­lo­gi­scher Welt­erklä­rungs­mus­ter er­hal­ten. Dies be­deu­tet, dass sie über ein grund­le­gen­des Wis­sen über das an­ti­se­mi­ti­sche Res­sen­ti­ment als af­fek­ti­ve, pro­jek­ti­ve und emo­tio­nal ge­bun­de­ne Feind­bild­kon­struk­ti­on ver­fü­gen. Jene Kennt­nis­se über die psycho-​soziale Be­dürf­nis­struk­tur, die dem an­ti­se­mi­ti­schen Den­ken und Han­deln zu­grun­de liegt, ist der Aus­gangs­punkt für die Ent­wick­lung wei­te­rer not­wen­di­ger, schul­spe­zi­fi­scher Wis­sens­be­stän­de zum Phä­no­men An­ti­se­mi­tis­mus unter Ju­gend­li­chen: Sie er­mög­li­chen ein tie­fe­res Ver­ständ­nis be­züg­lich der At­trak­ti­vi­tät des An­ti­se­mi­tis­mus für Kin­der und Ju­gend­li­che in be­stimm­ten Pha­sen ihrer So­zia­li­sa­ti­on und unter be­stimm­ten sozio-​ökonomischen Be­din­gun­gen (dazu zählt auch die per­sön­li­che und fa­mi­liä­re Le­bens­si­tua­ti­on). Die Er­geb­nis­se der Un­ter­su­chung legen au­ßer­dem nahe, dass der uni­ver­si­tä­re Wis­sens­er­werb für den Syn­drom­cha­rak­ter des An­ti­se­mi­tis­mus sen­si­bi­li­sie­ren soll­te und ins­be­son­de­re das Ver­hält­nis – oder ge­nau­er: die Kor­re­la­ti­on – von an­ti­se­mi­ti­schen und an­ti­fe­mi­nis­ti­schen Vor­stel­lun­gen mit­ein­be­zie­hen soll­te.

(C) Neben dem politisch-​historischen Wis­sen und so­zi­al­psy­cho­lo­gi­schen Kennt­nis­sen über den An­ti­se­mi­tis­mus und Kon­struk­ti­ons­ele­men­te von Ver­schwö­rungs­ideo­lo­gien, müs­sen an­ge­hen­de Leh­rer*innen mit einem ent­spre­chen­den di­dak­ti­schen In­stru­men­ta­ri­um aus­ge­stat­tet wer­den. Die­ses muss ihnen er­mög­li­chen, An­ti­se­mi­tis­mus so­wohl fach­spe­zi­fisch als auch fä­cher­über­grei­fend prä­ven­tiv zu be­geg­nen. Zum an­de­ren muss es Me­tho­den und Stra­te­gien an­bie­ten, wie mit an­ti­se­mi­ti­schen Vor­fäl­len im Kon­text Schu­le ver­fah­ren wer­den soll­te. Dabei müss­te of­fen­ge­legt wer­den, wel­che Chan­cen die Schu­le als so­zia­ler In­ter­ak­ti­ons­raum bie­tet und wel­che ex­ter­nen Res­sour­cen und Ex­per­ti­sen in be­stimm­ten Fäl­len her­an­ge­zo­gen wer­den kön­nen.

An­ge­sichts einer äu­ßerst ge­rin­gen Zahl von Lehr­ver­an­stal­tun­gen, die grund­le­gen­des Wis­sen über die hier be­nann­ten Di­men­sio­nen des An­ti­se­mi­tis­mus ver­mit­teln (Salz­born/ Kurth 2019, 19ff.), soll­te dies ein ob­li­ga­to­ri­scher Be­stand­teil des er­zie­hungs­wis­sen­schaft­li­chen Kern­stu­di­ums in der uni­ver­si­tä­ren Aus­bil­dung von an­ge­hen­den Lehr­kräf­ten wer­den.

Emp­feh­lung 6_Die Me­di­en­kom­pe­tenz von Ju­gend­li­chen muss wei­ter schu­lisch und au­ßer­schu­lisch ge­för­dert wer­den

Warum ist das wich­tig? Eine feh­len­de, kri­ti­sche Ein­ord­nung von frag­wür­di­gen Nar­ra­ti­ven wird deut­lich, wenn es um das Thema Me­di­en­kom­pe­tenz geht. Die Be­frag­ten der qua­li­ta­ti­ven Vor­stu­die er­zäh­len häu­fig davon, In­hal­te auf so­zia­len Me­di­en wie In­sta­gram zu kon­su­mie­ren, deren Se­rio­si­tät dann nicht kri­tisch hin­ter­fragt wird. Ein auf­fäl­li­ges Er­geb­nis der Un­ter­su­chung ist, dass sym­pa­thisch wir­ken­de Rap­per als se­riö­se Ver­mitt­ler von In­for­ma­tio­nen be­trach­tet wer­den. Ihnen wird zu­ge­schrie­ben, dass sie un­ei­gen­nüt­zig auf Miss­stän­de in der Welt auf­merk­sam ma­chen, sen­si­bi­li­sie­ren sowie un­ge­hör­te und al­ter­na­ti­ve Po­si­tio­nen im Dis­kurs sicht­bar ma­chen. Auch wenn äl­te­re Be­frag­te eher in der Lage sind, mit In­for­ma­tio­nen und ihren Quel­len kri­tisch um­zu­ge­hen, so zeigt sich ins­ge­samt ein Man­gel an Me­di­en­kom­pe­tenz. Hinzu kommt dabei, dass die Ju­gend­li­chen rund um die Uhr mit ver­schie­de­nen In­hal­ten über di­ver­se Ka­nä­le kon­fron­tiert sind, die kurz­wei­lig In­ter­es­se auf sich zie­hen sol­len, wes­we­gen sich die Ju­gend­li­chen sel­ten tief­grün­dig mit The­men aus­ein­an­der­set­zen wol­len.

Was ist zu tun? Die För­de­rung von Me­di­en­kom­pe­tenz und ins­be­son­de­re die Kom­pe­tenz im Um­gang mit so­zia­len Me­di­en muss so­wohl im schu­li­schen als auch im au­ßer­schu­li­schen Be­reich ge­för­dert wer­den. Dies er­for­dert die Ent­wick­lung von Un­ter­richts­mo­du­len die es jun­gen Men­schen er­lau­ben einen re­fle­xi­ve Po­si­ti­on zu so­zia­len Me­di­en und deren Nut­zung, Ge­fah­ren und Mög­lich­kei­ten zu be­nen­nen, sowie die tech­ni­sche und so­zia­le Funk­ti­ons­wei­se und damit auch die Dy­na­mi­ken die­ser Me­di­en in Grund­zü­ge ver­ste­hen zu ler­nen. Ins­be­son­de­re wäre hier­bei not­wen­dig die In­for­ma­ti­ons­kom­pe­tenz zu stär­ken um junge Men­schen zu be­fä­hi­gen In­for­ma­tio­nen auf ihren Wahr­heits­ge­halt zu prü­fen, Hass­re­de und Fake News zu iden­ti­fi­zie­ren und Mög­lich­kei­ten der Zu­rück­wei­sung sol­cher In­hal­te ken­nen­zu­ler­nen. Dies er­for­dert die Fort­bil­dung des Lehr­per­so­nals, das dazu be­fä­higt wer­den muss sich erst ein­mal selbst si­cher in so­zia­len Me­di­en zu be­we­gen zu kön­nen, um dann glaub­wür­dig diese In­hal­te im Un­ter­richt ver­mit­teln zu kön­nen. Da sich die För­de­rung der Me­di­en­kom­pe­tenz als we­sent­li­cher Aspekt einer ef­fek­ti­ven, prä­ven­ti­ven Aus­ein­an­der­set­zung mit An­ti­se­mi­tis­mus iden­ti­fi­zie­ren lässt, wird die Durch­füh­rung einer Un­ter­su­chung in NRW emp­foh­len, um die Dis­kus­si­on der För­de­rung der Me­di­en­kom­pe­tenz der Leh­rer*innen und Schü­ler*innen auf em­pi­ri­scher Grund­la­ge  füh­ren zu kön­nen. Die Un­ter­su­chung soll­te er­he­ben, wie das Lehr­per­so­nal und die Schü­ler*innen auf das Thema Me­di­en­kom­pe­tenz vor­be­rei­tet sind, wel­che Be­dar­fe sie dies­be­züg­lich haben und wel­che Res­sour­cen hier­für ak­tu­ell vor­han­den sind.

Di­gi­ta­ler Fach­tag

Di­gi­ta­ler Fach­tag

Die Sus­zep­ti­bi­li­tät von Ju­gend­li­chen für An­ti­se­mi­tis­mus im Gangsta-​Rap und Mög­lich­kei­ten der Prä­ven­ti­on

am 10. Juni 2021

von 10.00 bis 13.00 Uhr

„In­ter­na­tio­nal Per­spec­ti­ves on An­ti­se­mi­tism in Rap Music“

On Oc­to­ber 21st 2021, the Cen­ter of Pre­ven­ti­on and In­ter­ven­ti­on in Child­hood and Ado­le­scence (CPI) at Bie­le­feld Uni­ver­si­ty con­duc­ted the work­shop "In­ter­na­tio­nal Per­spec­ti­ves on An­ti­se­mi­tism in Rap Music". The goal was to bring in­ter­na­tio­nal sci­en­tists and jour­na­lists toge­ther who have ex­per­ti­se on An­ti­se­mi­tism in Rap Music and who re­port about this phe­no­me­non in Ger­ma­ny, Fran­ce, Swe­den, the United King­dom and the United Sta­tes.

The pre­sen­ta­ti­ons are ad­dres­sing some key ques­ti­ons, in­clu­ding but not li­mi­ted to:

  • What so­cial, cul­tu­ral, re­li­gious, and ideo­lo­gi­cal mo­vements seem to rea­di­ly ac­com­mo­da­te and en­cou­ra­ge hos­ti­li­ty to­wards Jews?
  • What is the im­por­tance of Rap Music among teen­agers and young adults in each so­cie­ty?
  • What role does An­ti­se­mi­tism play in Rap Music? Which forms of An­ti­se­mi­tism occur?
  • Is there a pu­blic de­ba­te and also dis­cus­sion wit­hin in the Rap com­mu­ni­ty on the topic of An­ti­se­mi­tism?

Spea­kers

Adam Cwe­j­man is the Edi­tor in chief of the edi­to­ri­al board of Göteborgs-​Posten, he is the author of two books con­cer­ning the ques­ti­ons of ra­cism, post-​colonial dis­cour­ses and the ques­ti­on of iden­ti­ty po­li­tics.

Eve Bar­low is a Scot­tish music jour­na­list based in Los An­ge­les, USA. She is the for­mer de­pu­ty edi­tor of the NME. Be­si­des that, she has writ­ten ar­ti­cles for New York Ma­ga­zi­ne, The Guar­di­an, the LA Times and Pitch­fork, among others.

Jakob Baier is a po­li­ti­cal sci­en­tist at the Uni­ver­si­ty of Bie­le­feld. His field of re­se­arch fo­cu­ses on an­ti­se­mi­tism in youth cul­tu­res and con­spi­ra­cy ideo­lo­gies in mo­dern media. He is cur­r­ent­ly working on his dis­ser­ta­ti­on on An­ti­se­mi­tism in Ger­man Gangs­ta Rap.

Yoni Ber­rous was born in Fran­ce and moved to Is­ra­el in 1992. He has a MA in In­ter­na­tio­nal Re­la­ti­ons from the He­brew Uni­ver­si­ty of Je­ru­sa­lem. In 2007, Yoni Ber­rous began working at Yad Vashem. He is cur­r­ent­ly re­spon­si­ble at Yad Vashem for de­ve­lo­ping Ho­lo­caust trai­ning for edu­ca­tors from Ca­na­da.

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