Die Syntax von nominalen Kopulasätzen: theoretische und empirische Perspektiven (ab 2024, finanziert durch die DFG und AHRC)
Projektleitung: Jutta M. Hartmann (Bielefeld University), Caroline Heycock (The University of Edinburgh);
Co-Is: Isabelle Roy (Nantes University), Roberto Zamperelli (University of Trento)
Ein zentraler Aspekt von Sprache ist, dass Sätze aus einem Subjekt und einem Prädikat bestehen. Dabei sind Sätze mit Prädikaten, die auf Verben basieren, wie (1a) ‚My cousin teaches.‘ bereits gut untersucht. Prädikate können jedoch auf Nomina basieren, wie (1b) ‚My cousin is a teacher’. Hier ist das Kopulaverb „be“ im Englischen notwendig, in anderen Sprachen, fällt das Verb in diesen Fällen ganz weg. Die Eigenschaften solcher nominalen Kopulasätze sind ein nach wie vor viel diskutiertes philosophisches wie linguistisches Thema: Dieses Projekt setzt sich mit den sowohl schwierigen wie erhellenden Fragen, die diese Strukturen aufwerfen, aus einer systematischen und sprachvergleichenden Perspektive zur Syntax und Semantik auseinander. Dabei wird die empirische Basis durch die Erweiterung auf bisher weniger gut erforschte Sprachen und Aspekte ausgeweitet. Die zentralen Fragen des Projektes sind: (I) Wie viele strukturelle Typen von nominalen Kopulasätzen finden wir in verschiedenen Sprachen? Ausgehend von einer traditionellen Unterscheidung von prädikativen Sätzen wie (1b) vs. Identitätssätzen wie (2) ‚Stephen King is Richard Bachman! (= Richard Bachman is Stephen King)‘, stellt sich die Frage, wie solche Typen wie (3) ‚In the dark, I thought your aunt was you! (≠ I thought you were your aunt)‘ zu behandeln sind, die zwar wie Identitätssätze zwei Individuen involvieren, jedoch bei Umstellung der beiden Individuen eine andere Bedeutung bekommen. Ist es Zufall, dass manche Sprache dieselbe Kopula für all diese Fälle haben, oder bedeutet dies, dass die Struktur identisch ist, trotz unterschiedlicher Bedeutungen? Auf der Basis der Symmetrie von Identität in der Logik, stellt sich die Frage, warum diese Ausdrücke in der Sprache typischerweise asymmetrisch sind. (II) Ist die Struktur der Nominalphrasen in diesen Kopulasätzen dieselbe wie in anderen Verwendungen? Was bedeutet die Antwort auf diese Frage für den kompositionalen Bedeutungsaufbau? (III) In nominalen Kopulasätzen hat die zweite Nominalphrase in manchen Fällen unerwartete Subjektseigenschaften. Während die erste Nominalphrase die typische Subjektsposition besetzt, kann die zweite in diesen Fällen die Kongruenz bestimmen (‚Das Problem bin/*ist ich/*mich‘ vs. ‚The problem *am/is *I/me‘). Diese „Grenzfälle“ erlauben es, bestehende und konkurrierende Hypothesen über Kongruenz zu testen, um so zum Verständnis von Kongruenz und Kasuszuweisung beizutragen. Für die Sprachen, für die relevante empirischen Daten fehlen, werden diese mit kontrollierten Fragebogen unter anderem experimentell erhoben, mit bereits von den PIs erprobten Methoden und Paradigmen. Darüber hinaus setzt sich das Projekt zum Ziel auf der Basis der analytischen Arbeit des Projektes einen sprachvergleichenden Fragebogen zu erstellen, der der Forschungsgemeinschaft die systematische Erforschung von Kopulasätzen in weniger erforschten Sprachen ermöglicht.
Projekte im SFB 1646 „Sprachliche Kreativität in der Kommunikation“ (ab April 2024)
Sprecher: Prof. Dr. Ralf Vogel
Co-Sprecherinnen Prof. Dr. Joana Cholin, Prof. Dr. Jutta M. Hartmann
A01: Creativity in (morpho)syntactic variation: The role of analogy
(Kreativität in (morpho)syntaktischer Variation: die Rolle von analogischen Prozessen
Projektleitung: András Bárány/ Jutta M. Hartmann
A01 untersucht die Rolle von Analogie in der Bildung neuer, kreativer morphologischer Formen und syntaktischer Strukturen innerhalb einzelner Sprachen und im Sprachvergleich. A01 konzentriert sich auf die Hypothese, dass bestehende grammatische Strukturen dazu führen können, dass neue, strukturell ähnliche Ausdrücke in bestimmten Kontexten als wohlgeformt akzeptiert werden, auch wenn sie in der Sprachgemeinschaft nicht als grammatisch gelten. Wir untersuchen diese Hypothese experimentell für Kongruenz (long-distance agreement) im Ungarischen sowie Einbettungsstrukturen im Deutschen und anderen Sprachen.
A03: The creative listener: Interpretation at the interface of prosody, syntax and information structure (Kreatives Hören: Interpretation an der Schnittstelle von Prosodie, Syntax und Informationsstruktur)
Projektleitung: Jutta M. Hartmann, Farhat Jabeen, Petra Wagner
A03 betrachtet die kreative Interpretation von Äußerungen, die aufgrund ihrer Wortfolge (Informationsstruktur) und/oder Satzmelodie (Prosodie) nicht in einen gegebenen Kontext passen. Die zentrale Frage ist, wie und unter welchen Bedingungen die fehlende Kontextpassung als bedeutsam interpretiert wird und Hörer*innen eine kreative Bedeutungsanreicherung vornehmen. Dabei konzentrieren wir uns auf die Untersuchung von durch Hervorhebung (Fokus) generierten impliziten Fokusalternativen in vier Sprachen (Deutsch, Englisch, Ungarisch, Urdu), die sich im Hinblick auf die Fokusmarkierung (Satzmelodie vs. Wortfolge) unterscheiden.
B03: Indirectness in discourse: interrogatives, implicit meaning and incongruence
(Indirektheit im Diskurs: Interrogative, implizite Bedeutung und Inkongruenz)
PIs: Tanja Ackermann, Jutta M. Hartmann, Arndt
B03 untersucht, wie nicht-wörtliche Bedeutung durch Indirektheit im Diskurs entsteht. Wir erforschen indirekte Sprechakte mit Interrogativa sowie indirekte Erwiderungen auf Fragen (z.B. in Interviews). Durch Sprachvergleich (u.a. Deutsch, Englisch, Japanisch) und diverse empirische Quellen (Grammatiken, Experimente, Korpusstudien) untersuchen wir, wie syntaktische Faktoren (Satztypen) und Diskursstruktur (Questions-under-Discussion) zu Indirektheit führen, welche Mechanismen konventionelle Bedeutung anreichern und welche Kontexte solche kreativen Interpretationen begünstigen oder hemmen.